Am 25. September 2000 erblickte in Witten ein Album das Licht der Welt, das für viele Fans von Evils Toy zum großen Aha-Moment wurde: „Silvertears“, das sechste Studioalbum der beiden Herren, erschien damals auf E-Wave/BMG und brachte so einiges durcheinander. Heute, 25 Jahre später, blicken wir mit einem dicken Schmunzeln zurück – und fragen uns, wie viel Glitzer eigentlich in einer Träne stecken kann. Wer die Band nur aus den frühen Neunzigern kennt, dürfte damals vermutlich kurz überlegt haben, ob die CD im falschen Regal gelandet ist. Statt industrieller Härte und finsterer Todeskunst waberten plötzlich Synthpop-Melodien, Tanzflächenrhythmen und eingängige Refrains durch die Boxen. Aus den apokalyptischen Klängen der Vergangenheit wurde Clubfutter fürs neue Jahrtausend – ein bisschen so, als hätte Frankenstein beschlossen, statt Blitzen lieber Discokugeln zu nutzen. Und doch: Dieser Richtungswechsel machte Sinn. Silvertears war nämlich nicht nur irgendein weiteres Album, sondern auch das letzte unter dem Namen Evils Toy. Danach wurde kurzerhand das Kürzel T.O.Y. (Trademark of Youth) ausgerufen – und die beiden standen mit ihrem frischen Sound plötzlich viel näher an der Zukunft als an ihren düsteren Wurzeln.
Die Single „Virtual State“ machte schon im Vorfeld klar, wohin die Reise ging: Electro, der einerseits schillernd genug war, um die Tanzfläche zum Glühen zu bringen, und andererseits futuristisch genug, um auch das Jahr-2000-Bauchgefühl mitzunehmen. Dazu gesellten sich Tracks wie „Wired/Connected“ oder „Rainbow vs. Stars“, die heute noch klingen, als könnten sie zwischen Cyberdog-Hosen und Neonarmbändern eine ordentliche Aftershow-Party anheizen. Und ja, das Album ließ sich auch damals schon wunderbar am Stück durchhören, was bei manch anderer Electro-Veröffentlichung der Zeit keine Selbstverständlichkeit war. Nur ein kleiner Stolperstein bleibt bis heute Thema: Die Cover-Version von „In the Army Now“. Sicher, man kann einen Status-Quo-Klassiker ins elektronische Gewand packen – aber ob man es sollte, ist eine andere Frage. Das Stück wirkte eher wie der Versuch, die Cover-Welle der späten 90er noch schnell mitzunehmen. Nennen wir es ein kurioses Zeitdokument: nicht katastrophal, aber eben auch kein Highlight, eher so der Moment, in dem man beim Durchskippen kurz denkt: „Ach ja, das war auch noch drauf.“
Trotzdem schlug das Album ein wie ein stylisher Blitz: In Sammlerkreisen gilt Silvertears bis heute als begehrte CD, auf Discogs wechseln Exemplare in gutem Zustand mitunter zu stolzen Preisen den Besitzer. Dass Zillo Silvertears meiner Recher nach das Release zum „Album des Monats“ erklärte, mag man heute mit einem Augenzwinkern lesen, aber es zeigt, wie ernst man Evils Toy im Jahr 2000 plötzlich nahm. Und so markiert das Album eine Zeitenwende: weg von düsterer Industrial-Ästhetik, hin zu hymnischem Electro-Pop, der mit großen Schritten in die Nullerjahre marschierte.
25 Jahre später klingt Silvertears wie ein Mix aus Nostalgie und Retro-Frische. Manche Songs haben ihren Cybercharme behalten, andere tragen die Nullerjahre so stolz vor sich her, dass man fast wieder Lust bekommt, in den alten Schrank zu greifen und die silberne Schlaghose auszupacken. Perfekt war das Album nie, aber wichtig war es allemal: Ohne Silvertears hätte es T.O.Y. so wahrscheinlich nicht gegeben. Deshalb gilt heute: Happy Birthday, du Silberträne, du bist 25 und immer noch besser gealtert als die meisten Haargel-Frisuren aus dem Jahr 2000. Wer die CD noch besitzt, darf sie mit einem breiten Grinsen aus der Sammlung ziehen, wer sie nur digital kennt, darf sich trotzdem an der Erkenntnis erfreuen, dass Evils Toy damals den Sprung in eine neue Ära wagten – und dass ein paar Tränen aus Silber manchmal glänzender sein können als alle Nostalgie zusammen.
Ein Vierteljahrhundert „Silvertears“: Das Album, das Evils Toy zu T.O.Y. machte
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