Den.C.T.Bug - Spleen

Den.C.T.Bug - Spleen

Gestern noch haben wir das staubige CDr-Juwel 'Elektrostadt' aus unserem Inventar geangelt und ihm auf unserer Seite ein kleines, wohlverdientes Loblied gesungen. Und weil wir einmal in Fahrt waren und der Player sozusagen eh schon knisterte wie eine kaputte Neonröhre, haben wir uns heute gleich das aktuellste Release von Den.C.T.Bug zur Brust genommen: 'Spleen', erschienen am 1. Juli 2020 digital – also auch schon wieder ein paar Jahre alt. Aber was soll’s: Manche Platten altern – andere gären. Und Spleen gehört definitiv zur Kategorie „hochexplosiv fermentierter Wahnsinn auf Basis verzerrter Elektronik“.

Schon beim ersten Durchlauf ist klar: Hier geht es nicht um Radiotauglichkeit oder smoothes Tanzflächenfutter. Spleen ist eine kompromisslose, scharfkantige Wucht aus Electro und EBM und einem ordentlichen Schuss Dada. Der Sound ist nicht glatt, sondern roh wie frisch entkernter Beton. Die Beats knallen wie platzende Sicherungen, die Synths röhren, zischen, beißen – und über allem thront ein Gesang, der klingt, als hätte jemand seine innersten Dämonen bei 230 Volt auf Autotune gelegt. Besonderes Augenmerk verdient Blockwarrrrrt. Und ja, das R wird hier nicht einfach gesprochen – es wird zelebriert, gerollt, gefühlt. So herrlich überzogen und markant, dass es selbst Rammstein erröten lassen würde. Klar, bei den Berliner Szenegrößen bekommt man eine orchestrale Soundwand mit Stadion-Pathos, Feuer und Faust – aber Den.C.T.Bug liefern keine Wand, sie liefern einen elektronischen Presslufthammer. Direkt ins Hirn. Ohne Vorwarnung. Und mit einem Augenzwinkern, das man durch das Stroboskoplicht gerade noch erkennt.

Vergleiche zu anderen Bands? Schwierig. Wo viele im Dark Electro oder EBM Genre auf Nummer sicher gehen, marschiert Den.C.T.Bug mit einem selbstgebauten Mech-Anzug aus kaputten Geräten durch ein Feld voller Erwartungen – und zertritt sie alle mit einem verbeulten Stahlstiefel. Nein, das ist kein zweites Noisuf-X, keine Kopie von :Wumpscut:, das ist echt ein ganz eigener Film, irgendwo zwischen cyberpunkigem Kneipenfight und elektromechanischer Klangkunst mit Punk-Seele.

Was bleibt ist ein musikalisches Erlebnis, das sich nicht brav ins Regal stellt (geht eh nicht, gibt's nur digital), sondern in deinem Wohnzimmer eine Scheibe einschlägt, sich selbst ein Bier holt und dann über dein Soundsystem randaliert. Persönlich? Ich hab’s geliebt. Nicht, weil es gefällig ist – sondern weil es aneckt, stört, wütet, lacht. Weil es einen anspringt, aufwühlt und danach grinsend im Schatten verschwindet.

Also, 'Spleen' ist wirklich kein Album, das sich so beiläufig konsumieren lässt – es packt einen, schüttelt einen durch und lässt erst wieder los, wenn der letzte Beat verklungen ist. Die Stücke bewegen sich souverän zwischen kontrollierter Eskalation und elektronischem Kontrollverlust, roh, intensiv und mit einer eigenen Klangsprache, die weder anbiedert noch auf Trends schielt. Wer elektronische Musik liebt, die schmutzt, kratzt, lebt – der wird hier mehr als fündig. Und ehrlich gesagt: Nach Elektrostadt und Spleen überlegen wir ernsthaft, einfach mal das gesamte Den.C.T.Bug-Archiv zu exhumieren. Wenn da noch mehr solcher Geschosse schlummern, wäre es fast fahrlässig, sie weiterhin im Dunkeln zu lassen.

Den.C.T.Bug - Spleen
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