Die Zeiten, in denen man bei einem „Requiem“ automatisch an Mozart, lateinische Gebete und barocke Grabeswürde denkt, sind endgültig vorbei. Zumindest wenn es nach All Men Unto Me geht. Am 27. Juni 2025 erscheint Requiem, das zweite Album von Rylan Gleave – und das klingt, als hätte Scott Walker eine Messen-LP mit Kayo Dot in einer gotischen Kathedrale aufgenommen, während draußen gerade die Welt in Slow-Motion untergeht. Der schottische Komponist, Sänger und Grenzsprenger Gleave – manchen bekannt von Ashenspire oder Paraorchestra-Projekten – führt mit 'All Men Unto Me' sein wohl persönlichstes Projekt fort. Nach dem gefeierten Debüt In Chemical Transit, das bereits eindrucksvoll die klangliche Auseinandersetzung mit Gender, Transition und künstlerischer Identität präsentierte, folgt nun ein Requiem, das sich mit nichts weniger beschäftigt als Macht, Tod, Transmaskulinität und dem schwierigen Verhältnis zur Vergebung.
Und was erwartet uns musikalisch? Kirchenorgeln. Richtig große. Chorgesänge. Zerbrechliche Falsetts. Dazwischen peitschen Sludge-Gitarren, Doom-artige Passagen und ein Noise-Rock, der in seiner Intimität weh tut. Requiem ist kein stilles Gedenken, sondern ein Aufschrei – sakral und zornig, verletzlich und wuchtig. Die klassische Struktur der Missa pro Defunctis dient nur als Gerüst für einen musikalischen Exorzismus, in dem Gleave persönliche wie kollektive Erfahrungen verhandelt. Gleaves Stimme, gezeichnet von den Spuren seiner Transition, steht im Zentrum dieses Werks – mal als harsches Avantgarde-Gebrüll wie bei Ashenspire, mal als fragiles, fast gebrochenes Falsett, wie es bei Paraorchestra in einer Scott-Walker-Adaption zu hören war. Unterstützung kommt u.a. von Musiker*innen von Maud the Moth, Falloch und healthyliving, produziert wurde das Ganze von Scott McLean, der dem Album sowohl hymnische Weite als auch brutale Nähe verleiht.
Das Werk wurde über das New Voices-Programm von Sound and Music sowie Gleaves Residency bei Paraorchestra gefördert und feiert seine Premiere beim PRS New Music Biennial Festival. Veröffentlicht wird es auf dem schottischen Label The Larvarium. Wer also nach einem Soundtrack für innere und äußere Kämpfe sucht, nach einem dunklen, kathartischen, aber zutiefst menschlichen Musik-Erlebnis – Requiem ist euer Album. Und wenn der letzte Track In Paradisum anläuft, fühlt man sich vielleicht nicht erlöst – aber immerhin verstanden.
Zwischen Orgel und Noise: Requiem von All Men Unto Me erscheint im Juni

A Shrine To Failure – Undone

Frankfurt ist grau – aber manchmal bringt genau dieses unscheinbare Grau etwas Wunderschönes hervor. 'A Shrine To Failure' ist ein Duo aus eben dieser grauen Mainmetropole, das mit seinem selbstgewählten Scheitern einen klanggewordenen Abgesang auf die moderne Welt liefert. Ihr Name ist somit Programm: ein Schrein für das Scheitern. Und mit Undone, ihrem digitalen Langspiel-Debüt vom 13. Juni 2025, errichten sie ein melancholisches Monument dafür. Zwischen Synthpop, Darkwave und Post-Punk verorten sich die beiden mit einem Sound, der tief geht – und dort bleibt.Wer genau hinter dem Projekt ste...
The Medea Project – Kharon: Doom trifft Dante im Juni

Während andere Bands sich mühsam durch PR-Kampagnen, Streaming-Trends und Spotify-Algorithmen kämpfen, bringen The Medea Project am 20. Juni einfach ein neues Album raus – düster, unabhängig, kompromisslos. 'Kharon' heißt das gute Stück, benannt nach dem legendären Fährmann der Unterwelt, der seit der Antike nichts als Überstunden schiebt.Das Duo aus Großbritannien und Südafrika – bestehend aus Brett Minnie (Gitarre, Gesang) und Pauline Silver (Drums, Perkussion) – serviert auf seinem neuen Werk eine musikalische Melange aus Gothic Doom, Black Metal, Death Metal, dunklem Folk und jeder Menge a...