Während die einen noch den Sommeranfang mit Aperol-Schorlen feiern, schreibt Ruth Lyon lieber Gedichte über das, was unter der Oberfläche brodelt – und macht daraus ein hinreißendes Debütalbum. Poems & Non-Fiction erscheint am 13. Juni 2025 und ist alles andere als belangloser Indie-Folk zum Lagerfeuer-Kuscheln. Es ist ein seelenoffenes Tagebuch in elf Kapiteln, poetisch, wütend, melancholisch, zart – und musikalisch so vielschichtig wie ein Mixtape aus der Hölle, wenn sie denn von Adrienne Lenker und Fiona Apple kuratiert würde.
Die Singer-Songwriterin aus Großbritannien hat mit Poems & Non-Fiction nicht nur ein erstaunlich reifes erstes Album geschrieben, sondern auch gleich den musikalischen Seelenstriptease perfektioniert. Produziert wurde das Ganze von niemand Geringerem als John Parish – ja genau, der John Parish, der PJ Harvey groß gemacht hat. Und die hört man hier auch raus, allerdings in einer Version mit Klavier, Klarinette und gelegentlichem Akkordeon-Schmerz. Bereits im Januar kündigte Lyon das Album mit der Single Wickerman an – ein Song, der klingt wie der Soundtrack zu einem Frühlingsritual irgendwo zwischen Kerzen, Blumen und Kontrollverlust. Im März folgte Books, das BBC 6 prompt zum Track der Woche machte – und dessen Text auch den Albumtitel enthüllt: „Poems & Non-Fiction“ ist für Lyon nicht nur Beschreibung, sondern Lebensgefühl.
Das Album ist autobiografisch, ohne Tagebuchmief. Lyon thematisiert offen ihre Behinderung und die daraus resultierenden Brüche im Leben – ohne Pathos, dafür mit Haltung. In Songs wie Artist oder Perfect (letztere erschien im Mai) bringt sie das in messerscharfen Lyrics auf den Punkt: Selbstoptimierung, Instagram-Egozirkus, innere Zerrissenheit – Ruth Lyon schreibt darüber wie jemand, der die Selfie-Kamera lieber gegen ein altes Klavier tauscht. Der Closer Seasons bringt es auf den Punkt: Veränderung ist nicht das Ende der Welt, sondern das Einzige, worauf man sich verlassen kann. Die zentrale Frage „Why are you leaving?“ beantwortet sie mit „It’s the changing of the seasons“. Man möchte ihr dafür einen warmen Kakao und eine Umarmung reichen – oder wenigstens einen fetten Plattenvertrag. Live kann man Ruth Lyon im Herbst auch in Deutschland erleben. Zwischen dem 10. und 14. November bringt sie ihr Poems & Non-Fiction in Köln, Hamburg und Berlin auf die Bühne. Wer sie verpasst, ist selbst schuld – oder kann sich immerhin mit der LP trösten.
Zwischen Klarinette und Klartext: Ruth Lyon veröffentlicht ihr Debüt "Poems & Non-Fiction"

Noise-Doom trifft 80er-Pop: The Interim bringt Mares Of Thrace zurück

Das Release erschien schon vor ’ner ganzen Weile – am 12. April 2024, um genau zu sein. Aber während sich andere Alben nach ein paar Wochen klammheimlich aus dem Gespräch verabschieden, steht The Interim von Mares Of Thrace immer noch mitten im Raum und schreit dir laut ins Gesicht: „Ich bin noch da!“ Und das mit einer Energie, die irgendwo zwischen Doom, Noise und totalem Wahnsinn pendelt. Ursprünglich nur als Tape für Nostalgiker und Leute mit zu viel analogen Geräten gedacht, hat das Werk nun auch digital und via Vinyl seine scharfen Krallen ausgestreckt – dank Artoffact Records, die offens...
Ironisch, ehrlich, echt: AngelA erzählt, was nach 30 wirklich zählt

Es gibt EPs, die klingen wie eine frisch aufgeschlagene Tageszeitung – und dann gibt’s „Ich glaub’ die Milf wird schlecht“ von AngelA: ein musikalischer Seufzer zwischen Kindergeburtstag und halterlosen Strümpfen. Denn genau darum geht’s: um das Leben zwischen Cool-Mum-Vibes und dem plötzlichen Gedanken „Bin ich eigentlich noch scharf oder nur noch müde?“ AngelA, Musikerin, Schauspielerin, Autorin und erste Panikpreis-Gewinnerin mit Mut zur Wahrheit, liefert auf dieser Konzept-EP sieben kleine, ehrliche Popgeschichten. Geschichten aus einem Alltag, in dem man manchmal den Job schmeißt, das Kin...