Zwischen Himmel und Hölle: H.E.R.R. lassen Vondel wieder sprechen

Zwischen Himmel und Hölle H.E.R.R....

Es gibt Comebacks – und dann gibt es Wiederauferstehungen. Nach fast zwei Jahrzehnten Funkstille melden sich H.E.R.R. zurück, als wären sie nie weg gewesen. Mit im Gepäck: der zweite Teil ihres literarisch-martialischen Mammutwerks Vondel’s Lucifer. Wer damals 2006 den ersten Akt gefeiert, gefürchtet oder einfach nur fasziniert durchlitten hat, darf sich jetzt auf die Fortsetzung freuen. Und zwar mit allem, was dazugehört: Stolz, Fall, Flammen und barockem Bombast.

Am 10. Juni 2025 erschien mit Vondel’s Lucifer (Second Movement) die lang erwartete Fortsetzung jenes Albums, das schon damals für Aufsehen sorgte. H.E.R.R. – was übrigens für Heiliger Europa! Römisches Reich steht – widmen sich erneut Joost van den Vondels Tragödie Lucifer aus dem Jahr 1654. Der niederländische Autor gilt als einer der wichtigsten Dramatiker des Goldenen Zeitalters, und sein Lucifer war schon zur Zeit seiner Veröffentlichung umstritten: Der gefallene Engel wurde nicht als bloßes Monster inszeniert, sondern als stolze, denkende Figur mit nachvollziehbaren Motiven. Das war der Kirche zu menschlich – und H.E.R.R. ist es genau richtig.

Musikalisch setzen sie dort an, wo das First Movement endete – aber sie beschränken sich nicht auf Wiederholung. Michiel Spapé entfesselt ein neobarockes Klanguniversum voller orchestraler Dichte, düsterer Klangfarben und theatralischem Furor. Und damit ist auch klar: Dieses Album ist keine herkömmliche Veröffentlichung – es ist ein Hörspiel ohne Bühne, ein unsichtbares Theaterstück, das sich zwischen Lautsprechern entfaltet. Kein Track reiht sich zufällig an den nächsten – alles folgt einer inneren Dramaturgie, die sich entfaltet wie ein Bühnenstück. Gesprochen, gesungen, gerufen und manchmal auch geflüstert wird wieder von Miklós Hoffer und Troy Southgate, die Vondels Text – in englischer Übersetzung – mit einer Ausdrucksstärke interpretieren, die ihresgleichen sucht.

Vondel’s Lucifer (Second Movement) ist natürlich nichts für die Nebenbei-Playlist. Das Werk verlangt Demut – denn wer sich voll darauf einlässt, erlebt eine musikalisch-dramatische Reise durch Rebellion, Bruderzwist und göttliche Ordnung. Lucifer erscheint hier nicht als reiner Widersacher, sondern als komplexe, tragische Figur. Als Sinnbild für Zweifel, Machtgier, Stolz – und für das ewige Scheitern an der eigenen Größe. Eine Geschichte, die auch im Jahr 2025 noch erstaunlich aktuell wirkt. Veröffentlicht wurde das Album über das bekannte österreichische Label Steinklang Industries – sowohl digital als auch als streng limitierte LP-Ausgabe. Nur 100 Exemplare wurden auf Green/Yellow Galaxy Vinyl gepresst, und allein das macht dieses Werk zu einem begehrten Sammlerstück für alle, die Musik nicht nur hören, sondern auch zelebrieren wollen.

In einer Zeit, in der sich Musik oft auf Sekundenbruchteile Aufmerksamkeit beschränken muss, mag dieses Album ein mutiges Gegenstück sein. Kein Trend, kein Zeitgeist – sondern ein künstlerisches Statement.

Zwischen Himmel und Hölle: H.E.R.R. lassen Vondel wieder sprechen
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