Aubadoir - Anti-Natural Hallucinations

Aubadoir - Anti-Natural Hallucinations

Wenn man beim ziellosen Stöbern bei Bandcamp auf ein Album wie 'Anti-Natural Hallucinations' stößt, ahnt man meist noch nicht, wie tief man in ein akustisches Loch gezogen wird. Der Name dahinter: Aubadoir. Ein Projekt aus Cleveland, Ohio – wobei das schon das Konkreteste ist, was sich über diesen Act sagen lässt. Unsere sonst gar nicht so schlechten Recherche-Fähigkeiten führten diesmal ins Nichts: Keine Website, kein Bandprofil, kein Discogs-Eintrag. Immerhin existiert ein YouTube-Kanal mit zwei Videos und derzeit exakt 18 Abonnenten – auch hier also eher digitale Nebelgranate als PR-Offensive. Und trotzdem steht da dieses Album auf Bandcamp, erschienen am 20. Juni 2025, und es klingt ganz und gar nicht nach einem Erstversuch oder nach Zufall. Eher nach einer minutiös konstruierten Abrissbirne für den Gehörgang.

Denn was hier passiert, ist weder natürlich noch halluziniert – sondern ein bewusst gesetzter, auditiver Kontrollverlust. Die Tracks wirken wie Fragmente aus verlorenen Tonbandarchiven, zusammengesetzt zu einem düsteren, vibrierenden Fluss aus Noise, Lo-Fi-Ästhetik, Ambient-Dröhnen und fragmentierten Rhythmen. Wer hier versucht, sich an klassischen Songstrukturen festzuhalten, wird sehr schnell weggespült. Die Musik pulsiert, flackert, scheppert – als würde ein dystopischer Priesterchor in einer metallenen Kapelle auf eine Loopstation einprügeln. Die Stilistik lässt sich schwer fassen, aber man könnte sagen: Aubadoir klingt wie eine tektonische Plattenverschiebung zwischen Throbbing Gristle, Puce Mary und einem 4-Spur-Recorder, der seine besten Tage im Jahr 1989 hatte. Vocals? Sind da, aber kaum greifbar – geflüstert, geschrien, durch Filter gejagt und wieder verschwunden. Beats? Tauchen manchmal auf, aber nur, um sich Sekunden später selbst zu sabotieren. Und doch: Eine innere Struktur ist vorhanden. Sie ergibt nur einfach keinen Sinn im klassischen Sinne.

Natürlich ähneln sich die Stücke in ihrem Aufbau. Wer Variation im Songwriting sucht, wird hier eher enttäuscht werden. Aber darum geht es dem Künstler wohl vermutlich auch nicht. Anti-Natural Hallucinations will nicht unterhalten, will nicht im Hintergrund dudeln, will auch nicht tanzbar sein. Es will dich herausfordern. Es ist Musik wie ein leerer Fabrikbau: Du weißt nicht, was dich erwartet, aber du spürst, dass du nicht allein bist.

Mir persönlich gefällt genau das: Diese bewusste Weigerung, Erwartungen zu erfüllen. Diese Dichte, diese Rohheit. Gleichzeitig gibt es Momente, in denen ich mich frage, ob das Album in seiner Form nicht etwas mehr Mut zur Entwicklung gebraucht hätte. Es bleibt sehr konsequent in seiner Ästhetik – was beeindruckend ist, aber gelegentlich auch etwas gleichförmig wirkt. Trotzdem: Die Konsequenz, mit der Aubadoir diesen Weg geht, ist bemerkenswert.

Für wen ist das also etwas? Ganz sicher für Fans von experimentellem Lärm, von kaputtem Ritual-Ambient, von akustischem Unbehagen. Wer seine Musik analytisch hören will, wird hier wohl scheitern. Wer sich aber gerne in den Strudel des Undefinierbaren fallen lässt – bitte eintreten, die Türen schließen sich gleich.

Aubadoir - Anti-Natural Hallucinations
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