Weinhold - Below The Line

Ich bin eine Frau mit Vergangenheit! Einer Metal-Vergangenheit nämlich, denn bis spät in die 90er gehörten die harten Stomgitarren zu meinem bevorzugten Ohrenfutter. Eine der Bands, die ich seinerzeit sehr schätzte, war Zed Yago, das Projekt der charismatischen Frontfrau Jutta Weinhold. Benannt nach einem erdachten Fabelwesen, der Tochter des Fliegenden Holländers, wurde reichlich Seemannsgarn, eingebettet in Powermetal-Töne mit ein paar Klassik-Anleihen, gesponnen. Bestimmt erinnern sich einige von Euch noch an Songs wie „Rebel Ladies“, die (historische) Geschichte um die Piratinnen Ann Boney und Mary Reed, oder den „Black Bone Song“, ein Shanty der etwas anderen Art. Nach 2 LP’s („From Over Yonder“ und „Pilgrimage“) löste sich die Band aus mir unbekannten Gründen auf. Jutta Weinhold versuchte, das begonnene Konzept mit Velvet Viper weiterzuführen, jedoch nur mit mäßigem Erfolg. So versank auch dieses Schiff 1992 nach 2 Veröffentlichungen („Velvet Viper“ und „The 4th Quest For Fantasy“) auf dem Grund der sieben Weltmeere. Danach war erstmal Schluß mit Metal. Die Sängerin wandte sich dem Gospel und Rhyt’m and Blues zu. Nach Erscheinen einer „Best-of Zed Yago“ Doppel CD schien sie jedoch wieder Geschmack an der härteren Gangart gefunden zu haben. Mit „From Heaven Through The World To Hell“ erschien 2004 das Debut des aktuellen Projekts Weinhold und jetzt, beinahe 20 Jahre nach Erscheinen der ersten Zed Yago-LP, werde ich mit der zweiten Weinhold-Scheibe „Below The Line“ direkt in meine Jugend zurückversetzt. Ja, wirklich, bereits der Opener „Storyteller“ gleicht einem Deja-vu. Beinahe sämtliche Zed Yago/Velvet Viper-Titel werden zitiert. „The Man Who Stole The Holy Fire“, „Rebel Ladies“, Pioneer Of The Storm“, „United Pirate Kingdom“, „Black Bone Song“, um nur einige zu nennen. “Don’t stop now, storyteller…” (Zitat) was will uns Jutta damit sagen? Aufbruch an neue Gestade oder Steckenbleiben in einer Flaute? Nun, wenden wir uns also dem Rest des Albums zu. Roter Faden wie eh und je ist Jutta’s Stimme. Laut aber nie zu schrill, melodisch aber nie zu soft, dramatisch aber nie übertrieben, einzigartig und deshalb schwer zu beschreiben. Es war und ist nicht leicht, für diesen Gesang einen passenden Unterbau zu finden. Hier ist es das klassische Rockbesteck, das größtenteils im Midtempo-Bereich eingesetzt wird. Lediglich bei „Fair is Foul – Foul is Fair“ finden sich einige schnellere Passagen. Sanftere Klänge dagegen schlagen „Eternity“ oder „Nothing to Lose“ an. Während der erstgenannte Song eine typische Metal-Ballade ist, sticht der zweite durch die puristische Gitarrenbegleitung und das Fehlen jeglicher Percussions aus den übrigen Tracks hervor. Auf die Gefahr hin, daß mich die wahren Metalheads jetzt in der Luft zerreißen, für mich ist dies die beste Nummer des Albums, nicht nur, weil der Gesang dort ausgezeichnet zur Geltung kommt, sondern auch, weil er einen unerwarteten Akzent setzt. Daran krankt nämlich das Album ganz erheblich. Trotz guter Produktion durch Velvet Viper Weggefährten Lars Ratz, sehr ordentlicher handwerklicher Ausführung und anspruchsvollen Texten pläschert das Werk doch über weite Stellen an meinen Ohren vorbei. Zu sehr beruft man sich auf die alten Zeiten, zu wenig innovative Ideen finden sich im Songwriting. Das Schiffchen scheint tatsächlich in einer Flaute zu stehen, was damals gut und neu war, wirkt heute doch etwas abgestanden. Weinhold sollten endlich den Sprung in die Moderne wagen, um ihrem hochgesteckten Anspruch „zeitlose Klassiker“ (Zitat Presseinfo) zu schaffen, gerecht zu werden. Ob die Band damit für sich allein oder für die Stagnation eines ganzen Genres steht, dies zu beurteilen überlasse ich dem geneigten Leser.

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