Mit Virgins O.R. Pigeons präsentiert uns das japanische Label Darkest Labyrinth einen weiteren hoffnungsvollen Act aus dem Visual Kei-Umfeld. Allerdings ist das aus - Achtung! - Griechenland stammende Trio kein wirklicher Neuzugang in der Szene, sind die Herren Steph, Sitras und Pierrot immerhin schon seit 2002 musikalisch aktiv. Nicht mehr ganz neu ist auch ihr Debütalbum "Place No Reliance", das Ende März letzten Jahres erschienen ist. Ein erster Durchbruch erfolgte im Oktober, als Virgins O.R. Pigeons (ein durch und durch religiös geprägter Titel, sind doch sowohl Jungfrauen als auch Tauben aus der katholischen Symbolik nicht wegzudenken) die japanische Kult-Band Blood bei deren Auftritt in Athen supporten durfte - gleichzeitig der erste Live-Auftritt der Griechen überhaupt. Mit "Place No Reliance" beackern die drei fantasievoll und gothiclike gestylten Südeuropäer (Sänger und Gitarrist Pierrot erinnert dabei trotz der neckischen Teufelshörnchen nicht wenig an Frauenschwarm Sean Brennan von L.A.M.) allerdings nicht die J-Rock-Sparte, sondern schwelgen zehn Titel lang in astreinem Dark Electro, der sich schon bald irgendwo zwischen der betörenden Melodik Blutengels und der harschen Aggressivität Hocicos einpendelt. Schnelle, ausgesprochen clubtaugliche Beats treffen auf epische, düstere Synthesizer-Sounds, gepaart mit ohrwurmtauglichem, refrainlastigem Songcharakter. In dieser finsteren Melange, die von Pierrots und Sitras' zumeist heiser-verzerrten Stimmen durchbrochen wird, fällt es allerdings schwer, deren Gitarren auszumachen, neben "Reach Out" gerade mal noch beim letzten Titel, einem rockig inszenierten Remix des Album-Highlights "Let Them Die", einer absolut großartigen, vor Pessimismus und diabolischer Bosheit nur so strotzenden Hymne, die es sich laut zu hören empfiehlt und ins Pflichtprogramm eines gut sortierten Club-DJs gehört, ebenso wie das futuristische, herrlich zynisch getextete "Nasa's Lullabye". "Place no reliance" wartet mit mehr als einer guten Handvoll solider, packender Dark-Electro-Nummern, die mitten in die Herzen vieler schwarzer Clubs treffen, auf. Massentauglich, eingängig und mit intelligenten, lesenwerten Botschaften versehen, weiß das Album durchaus zu punkten und gefallen, bietet aber einem kritischen, viel konsumierenden Ohr im Grunde überhaupt nichts Neues, außer dem vielleicht zuerst als etwas befremdlich empfundenen Kontrast zwischen den drei Gothic-Beauties und deren harschen Dancefloorsmashern. Trotzdem: gut gemacht und unterhaltsam und damit bei vier Punkten angelangt.