Ritual oder Dark Ambient. Tribal. Das sind so die Genres, die man kennen und schätzen sollte, wenn man sich 'Heljarrúnar' von undirheimar geben möchte um dem inneren Urmenschen zu begegnen. Das wahrscheinlich junge Projekt versucht, wie so viele andere, eine mystheriöse Aura zu erschaffen, in dem man quasi nichts von sich im Netz preisgibt und mit dem Sound greift man Klanglandschaften auf, die ich nicht zum ersten Mal gehört habe. Fehlt die Innovation, so ist doch wenigstens Umsetzung und Atmosphäre gelungen, oder? Warum sonst sollte es zum Vertrag bei Cyclic Law gekommen sein? Der Musiker hinter dem Projekt nennt sich Eimnir und seine Selbstbeschreibung auf der schamanischen Austauschplattform Facebook ist gespickt mit selbstbewusster Inszenierung. Und so wird schnell klar, dass man hier nicht unterhalten wird wie bei diesen profanen Projekten, die sich zur neumodischen "neo-folk-heathen-viking-norse music" ordnen lassen. Nein, undirheimar ist echt.

Echt oder nicht, ich finde das Ergebnis erschreckend blutleer und eher künstlich klingend. Nein, nicht elektronisch, sondern künstlich. Vielleicht tue ich dem Musiker Unrecht und er hat alle Trommeln handgeschnitzt, die Felle selbst gegerbt und die Streicher und Sounds in seinem Keller erschaffen. Aber im Ergebnis könnte es auch alles aus der Konserve kommen. Muss nichts Schlechtes sein, aber Heilung (bei denen ich vermute, dass Eimnir sie zur oben genannten Musikrichtung zählt) und Warduna basteln immerhin selbst. Die Klangkollagen selbst teilen sich in monotone Trommelrituale, die mit 7 bis 9 Minuten eher kurz sind und Ambientpassagen, die zwischen 12 und 19 Minuten andauern. Stimmungstechnisch ist die Sache so weit gelungen, der Zauber der Gleichförmigkeit mit tranceartiger Wirkung wurde gekonnt umgesetzt und durch die sich immer wieder wiederholenden Elemente (unverständlicher Kehlkopf-Gesang, monotones Drumming, die immergleichen Bläser- oder Streichersounds) und eine Atmosphäre, die mich mit all den Halleffekten mental in eine Höhle hinabzieht, kann man undirheimar auf jeden Fall attestieren, dass sie wissen, was sie tun. Als erstes Album seiner Art würde es mich auch begeistern.

Warum aber sollte man sich für vorliegendes Album entscheiden, wenn man bereits das ein oder andere Werk mit ähnlichen Sounds im Regal stehen hat. Und hier hört es für mich bereits auf, denn mir fällt keiner ein. Ich störe mich ein wenig am Aufbau: Trommelstück-Ambient-Trommelstück-Ambient-Ambient-Trommelstück. Es baut sich keine Geschichte in meinem Kopf auf, die schlüssig ist – Draugurinn's 'Mykraverk' kratzt in meinen Ohren in einer ähnlichen Kerbe, ist aber bedeutend intensiver und Ambient muss aufgrund fehlender Melodien oder Greifbarkeit wenigstens durch Stimmung und Wirkung ergreifen. Ich kann mir 'Heljarrúnar' gut im Hintergrund geben und sicherlich, für ein Ritual oder eine beschauliche Einkehr im Wald sind die sechs Stücke geeignet. Das sind andere aber auch... und besser.

 

undirheimar

Heljarrúnar


 

01.07.2020

Cyclic Law Records

 

https://undirheimar.bandcamp.com/album/heljarr-nar

 

01. Utgardr

02. Urthursar

03. Helvegr

04. Heljarrúnar

05. Haljoz Anakalzá

06. Enn Himinn Klôfnár