Tyske Ludder - Bombt die Mörder?

Tyske Ludder - Bombt die...

Tyske Ludder klingen schon dem Namen nach eher wie ein Kneipenschläger, dem man lieber nicht die frisch polierten Stiefel zerkratzt. Tatsächlich verbirgt sich hinter diesem etwas ruppigen Titel eine Band, die Anfang der 1990er Jahre aus der Wave- und New-Romantic-Szene ausbrach und sich auf EBM konzentrierte. Lyrisch haben sie damals (und auch heute noch) keine halben Sachen gemacht, sondern sich munter mit Themen wie der Vorherrschaft der Technologie, dem Jugoslawien-Krieg und der militärischen Durchsetzung US-amerikanischer Interessen auseinandergesetzt. Zwei Alben und eine EP später machten sie sich rar und traten nur selten live auf, was für viele Fans ungefähr so nervenaufreibend war wie ein unbestiegener Rummelplatz. Nun aber sind sie mit 'Bombt die Mörder?' wieder auf der Bildfläche aufgetaucht welches über KM-Musik veröffentlicht wurde – und so viel sei verraten: Hier wird nicht an der brachialen Gangart gespart.

Schon beim ersten Durchlauf von 'Bombt die Mörder?' riecht man förmlich den Schweiß in der Luft, als hätte man mitten in der Nacht eine Clubtür aufgestoßen, in dem ein Pulk EBM-Freaks unermüdlich die Tanzfläche zum Beben bringt. Tyske Ludder kombinieren harte und schnelle EBM-Klänge mit einer durchgehend elektrisierenden Atmosphäre. Von melodiösen Synth-Passagen, die irgendwo zwischen düster und tanzbar pendeln, über aggressive Vocals, die einem die Ohren freischreien, bis hin zu treibenden Beats, bei denen man sein Wohnzimmer gern mal versehentlich in einen Privat-Moshpit verwandelt – das Album liefert alles, was das dunkle Elektroherz begehrt. Gerade die elektronischen Attacken haben es in sich: Sie sind so zielsicher, dass sie wie gut geworfene Ninja-Sterne direkt ins Trommelfell treffen. Man spürt förmlich, wie Tyske Ludder die junge Konkurrenz in der Szene verschmitzt angrinsen und denken: „Na, habt ihr wirklich geglaubt, wir hätten unsere Maschinen abgestellt?“ Keineswegs! Vielmehr ist 'Bombt die Mörder?' eine Ansage, die Clubs unserer Szene zu befeuern und jedem, der’s hören will, lautstark mitzuteilen: Wir sind zurück – und wir sind lauter als je zuvor! Die Songs bleiben dabei immer tanzbar, was in Kombination mit der unverwechselbar düsteren Grundstimmung ein herrlich beklemmendes Knistern erzeugt, das den Körper schüttelt und das Herz vor Freude in den schwarzen Samthandschuh klatschen lässt.

Wer sollte sich dieses Album also guten Gewissens in die Sammlung stellen? Nun, ganz klar: alle, die Krach, Dampf und EBM lieben. Sanfte Balladen für verregnete Sonntagsspaziergänge wird man hier ebenso wenig finden wie dezenten Lounge-Jazz für den lauen Sommerabend. Dafür gibt es hämmernde Beats, bissige Botschaften und eine gehörige Portion Old-School-Charme, der beweist, dass Tyske Ludder nicht nur zum alten Eisen gehören, sondern das Fundament dieser Szene maßgeblich mitgestaltet haben. Kurz und knapp: Bombt die Mörder ist sehr zu empfehlen – und das nicht nur für Szene-Veteranen, sondern auch für alle, die sich mal ein bisschen EBM-Feuer unter dem Allerwertesten wünschen. Auf einer Skala von 0 Sternen bis 5 Sternen vergebe ich daher feierliche 4,5 Sterne. Das ist fast so gut wie ein herrlich kühles Schwarzbier direkt aus dem Kühlschrank: Man genießt es Schluck für Schluck, und am Ende bleiben die Ohren so angenehm dröhnend zurück, dass man schon die nächste Runde in Betracht zieht. Also Anlage aufdrehen, Nachbarn warnen (oder auch nicht) und Tyske Ludder auf die Reise schicken – diese Abrissbirne von einem Album lohnt sich ganz sicher.

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