Ist es wirklich 5 Jahre her, seitdem ich 'Joyland' das erste mal hören durfte? Wahnsinn. Das zweite Album vom kanadischstämmigen Robert Alfons aus Los Angeles war genau wie das Debut ein Füllhorn spannender elektronischer Musik, die Eingängigkeit perfekt mit einer besonderen, melancholischen Magie verband. Beide Alben sind ausgesprochen gut gereift und genügen mir bis heute vollauf, weswegen ich gar nicht so sehnlich auf Nachschub wartete. Doch nun gibt es etwas Neues aus dem Hause Trust, beziehungsweise Tr/st, wie man sich nun offiziell nennt (was zumindest die Suche im Netz etwas vereinfacht), und es hat sich so viel zusammengesammelt, dass 'The Destroyer' in zwei Teilen veröffentlicht wird: Willkommen zu Teil eins. Wie gewohnt bei Tr/st bekommt der Musiksammler nicht unbedingt viel mehr als Musik geboten: Covertechnisch hat man sich zwar immerhin auf ein recht passables Niveau gearbeitet (das Debüt wartete mit einem der in meinen Augen schrecklichsten Cover der letzten 10 Jahre auf und 'Joyland' glänzte auch nicht unbedingt mit schöner Optik), aber viel mehr als den Silberling enthält die Verpackung nicht, kein Booklet, keine sachdientlichen Texte, Fotos, etc und die Packung, die bei mir im Briefkasten landete machte leider auch keinen sonderlich wertigen Eindruck: beim Herauspicken der CD aus der Hülle löste sich bereits etwas vom Klebstoff, der Pappe und Plastik verband. Ich muss sagen: da muss musikalisch die Post abgehen, um diesen Ersteindruck im Hinblick auf den Preis zu rechtfertigen.

Das erste Viertel von 'The Destroyer' (versteht ihr? Die erste Albumhälfte von Teil eins, hihi) ist bockstarkes Material in gewohnter Tr/st Qualität mit bereits bekannten Tr/st Qualitäten. Tanzbar, catchy und trotzdem nicht oberflächlich oder billig wirkend. Spannende Sounds zu verbinden, in den elektronichen Nischen ein Potpourri zusammenzustellen und ins Tr/st Konzept zu pressen - Alfons gelingt dies auch in der Gegenwart scheinbar spielend. Jedoch ist es schon etwas besonders, dass 'The Destroyer Part One' nicht wirklich ein neues Element in den Sound bringt. Sei es drum, "Collossal", "Bicep" und Grouch" sind starke Songs, die Vorabsingle "Gone" und mein Favorit ""Unbleached" absolute Sahnestücke, die Fans auf die Tanzfläche treiben und in Traumwelten führen wird. "Poorly coward" ist eine düster-schräge Wutwurstelei, die Fehl am Platz wirkt und auch nicht das Niveau erreicht, das Alfons erzielt, wenn er sanft, desillusioniert und melancholisch zu Werke geht. Und die abschließenden "Control me" und "Wake with" sind nur gut, unaufregend, Füllmaterial. Und das wars dann auch schon wieder. Weil ich nach vielen Durchläufen recht ernüchtert bin, fasse ich meinen Hauptgedanken in Worte: In mir baut sich Unzufriedenheit auf, wenn mein Faible für das musikalische Können von Alfons monetär so offensichtlich ausgenutzt wird. 32 Minuten Musik? Euer Ernst? Bisher gab es immer über 50 Minuten Spaß im Hause Tr/st und auch wenn viel zusammengekommen ist: 60 bis 70 Minuten Albumlänge sind unproblematisch auf einen Klangträger zu bannen und stattdessen eine Aufteilung und dabei eine so billig wirkende Verpackung - sehr unzufriedenstellend. Wirklich sehr. 

Tja, Tr/st haben bei mir mit den ersten beiden Alben einen festen Platz in meiner Top-100-Liste der Lieblingsbands. Und wirklich enttäuschend ist 'The Destroyer Part 1' Dank fünf wirklich gelungener Songs nun auch nicht. Jedoch bieten ebenjene auf der ersten Albumhälfte auch 'nur' etwas mehr vom guten aber bekannten Stoff. Es fehlt mir das Alleinstellungsmerkmal des Albums. Das Debüt war seltsam, sehr eigenwillig und in seiner melancholischen Abgewandheit genial. 'Joyland' hatte ins Bein gehende Tanznummern, ein Gefühl der Entspannung und als schräges Tr/st Element Chipmunkgesang als Frauenersatz. Und 2019 gibt es eben nur gute Musik und eine zweite Albumhälfte, die man sich in meinen Ohren hätte klemmen können. Also: Jeder, der das Projekt bisher nicht kannte sollte unbedingt 'Joyland' und insbesondere das Debut blind kaufen und lieben lernen. Und ist man dan infiziert, dann darf man bei 'The Destroyer' probelauschen. Ich freue mich über die fünf Neuzugänge schöner Titel in meine Playlisten, als Album zum Kauf kann ich 'The Destroyer Part One' aber nicht wirklich loben oder empfehlen und die Vermarktungsstrategie ganz klar verurteilen!