Throbbing Gristle - bei diesem Namen müsste man eigentlich erst einmal tief Luft holen, um danach ehrfürchtig auf die Knie zu fallen. Ich hätte eigentlich nicht gedacht, je eine aktuelle Platte dieser Band in den Händen zu halten. Ok, es ist streng genommen auch keine neuer Output, aber trotzdem schwingt eine gehörige Portion Respekt in diesem Namen mit. Wem Throbbing Gristle kein Begriff sind, dem sei nur gesagt, dass diese Band den Industrial nicht nur geprägt, sondern ihn quasi sogar erfunden hat. 1976 gegründet und aus dem Performance-Projekt COUM Transmission hervor gegangen, hatten sich Chris Carter, Genesis P-Orridge, Peter Christopherson und Cosey Fanni Tutti mit dem Ziel zusammen getan, die Musik zu revolutionieren und von ihren herkömmlichen Strukturen zu lösen. Schon damals hat die Band mit Oszillatoren herumexperimentiert und somit den Grundstein für etwas geschaffen, dass später zum Selbstläufer und Anschauungsobjekt für viele nachfolgende Bands und Generationen wurde. Ihr eigens gegründetes Label Industrial Music war dann auch der Namensgeber für die heute so beliebte Musikrichtung. Kein Wunder also, dass nach fast dreißig Jahren sich noch einmal so einiges tut. Nach einem 4-CD-Set und der Planung für einen ersten, exklusiven Livegig seit ihrer Auflösung 1981 auf dem "A Celebration Of Industrial Music in the 21st Century"-Festival im Mai diesen Jahres, erscheint bei Novamute auch die hier vorgestellte Remix-CD "Mutant Throbbing Gristle". Und als ob das nicht genug wäre, soll im Mai auch noch ein Best-Of-Album auf den Markt kommen. Aber bleiben wir erst einmal bei der Gegenwart. Für "Mutant Throbbing Gristle" haben sich nicht nur die Throbbing Gristle Heroen Chris Carter und Cosey Fanni Tutti, die vielen auch als Chris & Cosey bekannt sein dürften, noch einmal ins Zeug gelegt, sondern keine Geringeren als Carl Craig (Planet E), Motor, Hedonastik, Two Lone Swordsmen oder Simon Ratcliffle (Basement Jaxx) haben ihre Finger im Spiel gehabt und an den alten TG-Klassikern herumgebastelt. Teils clubtauglich, teils leicht spleenig und teils sogar atmosphärisch ertönen die acht Stücke. Der Hedonastik Remix von "What A Day" brettert mit Dub Beat aber dennoch verhalten davon, hinterlässt jedoch merkliche Spuren. Auf das Minimum reduziert und immer noch unterschwellig subversiv lassen Chris Carter und Cosey Fanni Tutti die "Hamburger Lady" irgendwo im Unterbewusstsein werkeln. Kaum hat man sie richtig wahrgenommen, ist sie auch schon wieder fort. Offensiver zur Sache gehen da die Two Lone Swordsmen und machen "United", obschon mit Gesang, zu einem offensiven Dance-Geniestreich. Für Throbbing Gristle-Fans ist diese Platte ohne Frage ein Muss. Wer mit der Band überhaupt nichts anfangen kann, aber auf subtilen Electro steht, sollte an "Mutant Throbbing Gristle" nicht ungeachtet vorbei gehen! Und was das Beste daran ist: Trotz annähernd drei Jahrezehnten und trotz Remix-Versionen sind Throbbing Gristle immer noch weit weg von Mainstream. Das nenne ich standhaft.