Auf der Festival-Bühne stehen vier Personen im Feuerschein. Sie alle bedienen ihre Instrumente gekonnt: an den Perkussions wird vielschichtig getrommelt, der Bassist baut ein sanftes Fundament auf, Akustikgitarre, Violine und allerlei andere Zupf- und Streichinstrumente zaubern schwelgende Melodien. Alle Musiker lächeln verträumt. Alle Fans im Publikum lächeln verträumt. Standbesitzer am Rand verkaufen ihre Ware verträumt lächelnd. Sogar einer weiße Taube, die über die Szene fliegt, scheint verträumt zu lächeln. Alle mögen sich. Alle mögen die schöne Musik. Das Mondlicht lässt harte Konturen sanft verschwimmen. Es ist so harmonisch, so perfekt. Seit 11 Jahren verzaubert das ungarische Duo The moon and the nightspirit (Mihály und Ágnes, live mit zwei Gastmusikern unterwegs) Fans mit zauberhaftem Pagan Folk. Jedes Album kommt mit einer dicken Schicht süßer Sahne, einer Kirsche und Schokostreuseln in die Läden. Das neueste, immerhin fünfte Werk erscheint nun über Auerbach Records und bedeutet einen weiteren Reigen an Songs, die mich persönlich zwar nicht berühren, die aber die Zielgruppe dazu bringen wird, verträumt zu lächeln. Schlecht? Neeeeiiiiin. Unglaublich schön ist alles eingespielt, professionell werden die Instrumente liebkost, die Produktion schafft den Spagat zwischen Transparenz und dichter Atmosphäre. Gut, es werden die gleichen gefühlt drei Melodien bemüht, die die Band und eigentlich auch viele andere Vertreter des Genres immer neu vertonen, aber ich als Black Metal Freund sollte hier nur vorsichtig Kritik üben. Wohl aber kritisiere ich den Gesang, insbesondere den von Ágnes. Ja, Fans werden mich ins Fegefeuer wünschen, aber dieses immergleiche Säuseln ist nach spätestens zwei Liedern wie das zweite Glas Nutella des Tages. Wenn die Glücksbärchies Musik machen würden, sie würden Ágnes als Sängerin engagieren. Ich aber nicht. Ich mag auch keinen lieblichen Rosé. Die ungarischen Texte behandeln die Liebe zur Natur und die "philosophischen Idee der gleichzeitigen Einheit und Dualität von Mikro- und Makrokosmos, die dem Hermes Trismegistos und dessen Schrift "Tabula Smaragdina" zugeschrieben wird" (aus dem Orginalpressetext). Da ich die Sprache nicht beherrsche kann ich nichts über die Qualität sagen, dass ein solches Konzept auf einem solchen Album ungefähr so überrascht wie Pasta bei einem Italiener sollte aber klar sein. Man merkt es, The moon and the nightspirit werden nicht mehr allzu oft meine Hallen beschallen. Aber für Pagan Folk Fans, die sich immer wieder auf Mittelalter Festivals, LARPs oder ähnlichem wiederfinden um in andere, verklärte Welten einzutauchen ist dies einer der gelungeneren musikalischen Vertreter. Insbesondere instrumental ist das Album ein Genuss und ich bin mir sicher, zuckersüße Melodien und Gesang werden viele Hörer anlocken. Und das ist wohl auch gut so.