TC75 - Motion

TC75 - Motion

TC75? Klingt wie eine Maschinenbezeichnung. Und ja, ganz falsch ist das nicht. Hinter dem kryptischen Kürzel verbirgt sich ein Soloprojekt aus Leipzig, das sich dem Minimal-Electro verschrieben hat – und zwar in Reinform. Kein überproduzierter Plastik-Sound, kein Anbiedern an Playlists, keine hysterische AI-Stimme. Stattdessen: brutale, kalte Beats, stoische Sequenzen und ein elektronisches Rückgrat, das schnurgerade durchzieht. Aber erst mal der Reihe nach.

Die Geschichte ist fast zu gut, um wahr zu sein: 2007 entstehen erste Tracks. Dann verschwinden sie. 2016: Eine alte Festplatte wird gefunden – kein Gold, kein Bitcoin, sondern rohe Electro-Entwürfe. Und statt sie zu löschen wie jeder andere Mensch mit Restscham, denkt sich TC75: Veröffentlichen wir das doch! Und siehe da: Es funktioniert. "Ego cogito, ergo sum" – wer denkt, ist. Wer Musik macht, auch. So einfach ist das manchmal. Jetzt also 'Motion', erschienen am 7. Juli 2025. Neun Tracks, darunter fünf Originale und vier Remixe, die alle eine ganz bestimmte Frage stellen: Wie viel kann man weglassen, bevor ein Song auseinanderfällt? TC75 balanciert auf diesem schmalen Grat mit bewundernswerter Selbstsicherheit. Die Musik klingt wie ein gefrorener Blick in den Spiegel. Kühl, kontrolliert, reduziert. Keine großen Melodien, keine emotionalen Ausbrüche – eher das musikalische Äquivalent eines starren Blicks in eine Neonröhre.

Die Tracks sind kompakt (oft unter drei Minuten), lassen aber trotzdem Raum für Atmosphäre. 'Our Secrets', 'Fade' oder 'In Dust' sind gefühlte kleine Skizzen aus Eis und Rauch – minimalistisch, aber nicht leer. Und dann ist da noch das titelgebende 'Motion', das gleich viermal geremixt wird. Mildreda schichtet eine dramatische Kulisse drunter, DSTRTD SGNL schickt den Track auf einen Basstrip für Kellerclubs, Oszylayter wirkt verspielter, fast schon charmant. Und XOTOX? Na ja, XOTOX macht, was XOTOX macht – Krach und Lärm, der sich erstaunlich gut einfügt.

Was bleibt? Eine EP, die keinen Hehl daraus macht, dass sie keine Lust hat, sich anzubiedern. Keine Radiotauglichkeit, kein Dramaturgie-Klimbim, keine „Hör doch mal rein“-Freundlichkeit. Und das ist gut so. 'Motion' ist für die, die in dunklen Kellern tanzen, während über ihnen das Leben glitzert. Meiner Meinung nach geeignet für Fans von The Klinik, Absolute Body Control oder early DAF ist das hier eine Punktlandung. Wer hingegen sphärische Synth-Flächen oder catchy Hooks braucht, sollte lieber gleich das Weite suchen – oder wenigstens ein paar BPM mehr.

Fazit: 'Motion' ist eine stille Verweigerung. Eine knappe, klirrend kalte Erinnerung daran, dass man auch mit sehr wenig sehr viel sagen kann – wenn man weiß, wie. Für alle, die elektronische Musik lieber roh als auf Hochglanz hören, ist das hier ein kleines Juwel. Für Spotify-Algorithmusopfer vermutlich ein großes Fragezeichen.

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