Der Johan ist wieder da. Und auch wenn mein letzter Artikel zum Urgestein düsterer Bässe und böser Themen über 10 Jahre her ist, hab ich die Veröffentlichungen der dazwischenliegenden Jahre gesichtet. Und immer, wenn man nichts zu sagen hat, dann soll man die Fresse halten – und das tat ich, denn in meinen Ohren konnten ‚When evil speaks‘ und ‚Forest of the impaled‘ weder viel reißen, noch wirklich wütend machen – was soll ich da groß schreiben? Jetzt schreibe ich aber etwas, denn auch wenn mich ‚Goddestruktor‘ äußerlich etwas abschreckt, können seine Inhalte zumindest anfangs gefallen. 

Also schnell den dämlichen Albumtitel vergessen und das umgedrehte Kreuz ignoriert – das muss wohl einfach so in dem Genre. Zunächst einmal: Ich kann nur etwas mit den ersten fünf Titeln des Albums anfangen, danach ist es in meinen Ohren wenig erquicklicher Electro-Brei vom Fließband. Aber hey, fünf neue Songs für die Playlist von einem Projekt, das sich seit über zwei Jahrzehnten höre? Da sag ich nicht nein. „Kill all humanity“ ist in meinen Ohren eine schöne Verbindung des Suicide Commando Sounds (inklusive angenehm einzigartigem Bass, der ja eine Weile auf neuerem Material verloren schien) und alten Skinny Puppy – das geht bei mir direkt in die Beine, ich will tanzen. 

Schon lange kam kein düsterer Elektro heraus, der dieses alte Gefühl in mir weckte, ich bin also ganz Ohr, wie es weitergeht. Und „I die for you (V2.0)“ enttäuscht mit etwas poppigerem Sound und beschwingten Refrain, in dem textlich gefühlt alle alten Suicide Commando Phrasen verwurstet werden, so gar nicht. Da muss ich an neuere Velvet Acid Christ denken, fast schon ein wenig VNV Nation. Ja, das schmeckt. „God of destruction“ legt in meinen Ohren sogar noch eine Schippe drauf: Gesanglich deutlich an :wumpscut: erinnernd ist dieser schön dumpfe EBM Sound wundervoll Retro, Dank moderner Produktion und etwas tranciger Elemente im Refrain aber nicht altbacken. Weniger tanzbar als der Opener werde ich diesen Track noch oft in meinen Alltag einflechten. „Jesus Freak“ erinnert mich vom Gesangstil her ein wenig an Marilyn Manson, alles ist wenig opulent aufgenommen und wodurch quasi ein Duett zwischen den Keyboardlinien und den ständig vor sich hinblubbernden Samples entsteht, über dem van Roy verzerrt singt. Feine Sache. 

Und schon kommen wir zu meinem Ende des Albums und die überarbeitete Version vom fast 20 Jahre alten „Sterbehilfe“ ist deutlich gelungener als das Original – unbedingt reinhören! Ja, diese 22 Minuten haben wirklich Spaß gemacht, die restlichen 25 Minuten hätte ich nicht gebraucht. Allein schon, dass der nächste Track mit stumpfem Bass und dem inzwischen komplett ausgenudelten Sample des Interviews mit Oppenheimer gefüllt wird (das inhaltlich, wie schon viel zu oft, auch missinterpretiert umgesetzt wird, da Oppenheimer nicht davon sprach, dass er nun der Tod, der Vernichter von Welten wurde… aber klingt halt cool, wie er es sagt, gell?). Fans oder Menschen mit einem anderen (besseren?) Geschmack werden bei den sechs Songs vielleicht aber noch fündig. 

Mein Fazit: Seit „Axis of Evil“ vor 20 Jahren wurde ich nicht so fündig auf Alben von Suicide Commando. In meinen Ohren bringt die Band sowieso seit dem zweiten Album immer nur eine Handvoll guter Songs auf jedes Album, der Rest ist eher schmuckloses Beiwerk. Die diesjährige Ausbeute macht aber richtig Spaß. So sehr, dass ich freiwillig tippe. Also reingehört. 

Suicide Commando - Goddestruktor
Out of Line / 22.07.2022
http://www.suicidecommando.be/
01. Kill All Humanity
02. I'd Die For You (v2.0)
03. God Of Destruction
04. Jesus Freak
05. Sterbehilfe (Euthanasia 2021)
06. Destroyer Of Worlds
07. Land Of Roses
08. Bang Bang Bang
09. Sin
10. Trick Or Treat
11. Bunkerb!tch (censored)