Oh ja, ColdWorld – ein Projekt, das bei mir sofort Lust weckt, die Scheiben in die Anlage zu donnern und mich berauschen zu lassen von so viel melancholischen Emotionen, dass mir die Welt da draußen noch bunter erscheint. ColdWorld konnten mit ihrem Debüt und vor allem der zweiten Scheibe ‚Melancholie‘ beweisen, dass traurige Monotonie auch auf Albumlänge mitreißend sein kann. Hört euch mal „Tortured by solitude“, ein Meisterwerk. 2016 kam dann nach Jahren der Stille Autumn heraus, wundervoll gestaltet und von mir heiß erwartet… Und es war, bis auf den wirklich schönen Opener „Scars“ okay. Irgendwie sanfter. Ich habe nun weiß Gott nicht irgendetwas gegen künstlerische Entwicklungen (man denke nur an meine drölf Artikel zu Wumpscut Platten, in denen ich Stilwechsel begrüßte), aber ColdWorld klangen nicht nur weniger aggressiv-verzweifelt, sie klangen seichter, belangloser. 

Aber das war noch Jammern auf hohem Niveau, wenn ich das Werk aus heutiger Sicht betrachte. Denn ColdWorld haben auf ‚Isolation‘ komplett den Faden verloren und eiern ratlos durch leere Räume, in denen zumindest ich sie niemals suchen werden. Die ersten fünf Titel des Albums kann ich (persönlich) in die Tonne hauen. „Leere“ und „Five“ sind halt Ambientstücke, die eventuell im Zusammenspiel mit Knallern die gewünschte Stimmung verstärkt hätten. Da aber „Soundtrack to isolation“, „Walz“ und „We are doomed“ so dermaßen harmlos und gelangweilt vor sich hineiern, will ich wirklich keinen Ambient als Bonus. Keine Blast Beats, kaum noch Kreischen – okay, dann eben kein DSBM mehr. Aber was bekommt man stattdessen? Austauschbare Melodien, die man an einem gelangweilten Herbstnachmittag lustlos vor sich hinsummen würde, nur um den Raum zu füllen und dazu gelangweiltes Summen. Ne, ich bin genervt. Außer, ja, außer ich werte die ersten 24 Minuten als Intro, dann geht es halbwegs. Denn „Wounds“ ist zwar auch deutlich wenig aggressiv, aber wirkt zumindest so, als ob man es nicht nur aus reiner Pflicht aufgenommen hatte, nur um die Scheibe zu füllen. 

Hier funktioniert auch endlich wieder das Rezept des Genres: Kreisend sich wiederholende Melancholie mit dezenten, dadurch aber umso wirkungsvolleren Steigerungen. Da kucke: Es braucht die richtige Stimmung, um Ambient zu mögen und nach „Wounds“ wirkt „Isolation stagnation“ so richtig, ist aber auch für sich stehend schöne Atmosphäre. Und schließlich kann „Hymnus“ mir auch den Abschied versüßen – etwas schräg, psychedelisch und zum Ende hin versöhnlich ist der Song kein wirklicher Reißer, aber könnte gut der Abschluss eines guten Albums sein. 

Zweieinhalb lohnende Songs also… Manchmal entfernt man sich mit der Zeit voneinander, entwickelt sich in unterschiedliche Richtungen, nur um zu erkennen, dass man nicht mehr so viel gemeinsam hat, wie in der Vergangenheit. Doch während CorldWorld sich in die Isolation begeben haben, ist es bei mir Abwehr, die in mir lodert. Das neueste Album macht mich zunächst ratlos und dann irgendwie wütend – so viel Potenzial für so viel traurige, lauwarme Luft. Vielleicht liegt es an mir, vielleicht brauche ich keine sanfte Melancholie. Aber ich wage zu behaupten, dass ‚Isolation‘ auch für Freunde dieses Sounds nicht wirklich ein Volksfest ist, sondern gut gemachte Belanglosigkeit. 

ColdWorld - Isolation
Eisenwald / 30.11.2022
https://coldworldofficial.bandcamp.com/album/isolation
01. Leere
02. Soundtrack to isolation
03. Walz
04. We are doomed
05. Five
06. Wounds
07. Isolation Stagnation
08. Hymnus