Internationale Unterstützung hatten sich DE/VISION auf ihrer vorletzten Clubtour ins Boot geholt: Die Norweger "Substaat" reisten klapperten wochenlang als Support-Act diverse Locations in ganz Deutschland ab, um einerseits ihr Debütalbum „Substaat“ zu promoten, andererseits aber auch die ihnen nachgesagten guten Live-Qualitäten zu bestätigen. Letzteres gelang dabei besonders beeindruckend - stilsicher, gesanglich deutlich über dem genretypischen Durchschnitt, zog das sympathische Duo die Zuschauer schnell auf seine Seite und animierte mit satten Beats zum Tanzen. Hierbei offenbarte sich jedoch ein zentraler Kritikpunkt, denn obgleich die Songs durchweg druckvoll und professionell produziert erklangen, überwog doch eine gewisse Eintönigkeit, was Melodien und Sound betraf. Mit dem neuen Album "Macht", beim renommierten Label Danse Macabre veröffentlicht, nahm man sich vor, diese Baustelle effektiv zu bearbeiten, um auch über Albumlänge hinaus nachhaltig in den Gehörgängen der stetig wachsenden Fangemeinde hängen zu bleiben. Um es vorweg zu nehmen - Substaat haben sich der Prüfung gestellt und sie mit Bravour bestanden. Der teils recht monotone EBM des Debüts ist einem Soundmix gewichen, der irgendwo zwischen Synthpop, experimenteller Elektronik, traditionellem EBM und vorsichtigen Wave-Einflüssen mehr als nur eine Nische abdeckt. Das dem Rezensionsexemplar beiliegende Presseinfo nennt als Anspieltipps die Songs Nr. 2 („I Feed You My Love“) und Nr. 11 („Electric“ – Mesh Remix). Ohne Zweifel gehören diese beiden Beiträge zu den Tophits des Albums, aber so ganz nachvollziehbar ist es nicht, bei der Fülle an guten Liedern ausgerechnet eine Coverversion sowie einen Remix zu empfehlen, zumal die Substaat-Version von „Electric“ der britischen Überarbeitung mindestens ebenbürtig ist. Mit „I Feed You My Love“ beschreiten Terje Vangbo und Jarle Hansen neue Wege, haben sie sich doch an dem norwegischen Eurovision-Entry des Jahres 2013 versucht. Das extrem modern klingende Original von Margaret Berger wurde in eine pulsierende Club-Hymne transformiert, ohne den frischen Charme der Chanteuse zu zerstören. Mich persönlich begeistern zwei andere Songs jedoch mehr: der treibende Opener „Berlin“ vertont die anonyme Atmosphäre moderner Großstädte („I’m waiting for the last train...(...)... I feel I’m lost in Berlin...“), vermittelt dabei aber eine grundsätzlich positive Grundstimmung, an die auch der Hit „Guilty Pleasure“ anknüpft, bei dem Sänger Terje zu Hochform aufläuft. Jene Fans der ersten Stunde, die aufgrund dieser Schilderungen aufschrecken und eine komplette Abkehr vom lieb gewonnenen EBM befürchten, trösten Substaat mit einigen Ausflügen in die eigene Vergangenheit. „Macht“, bzw. teilweise auch „Tech Head“ und „Full Access“ wagen einen Schulterblick zurück, ohne dabei die neuen Pfade aus den Augen zu verlieren – denn auf diesen laufen die Skandinavier bereits sehr stilsicher und authentisch. Gratulation zu diesen Fortschritten! Möge weiterhin die Macht mit ihnen sein...