Okay, das wird einfach. Oder schwer. Ich fasse alle meine Gedanken zusammen: Warum?

Eine Band covert eine bekanntere Band. So weit, so normal. Denn Cover sind ja ein Perspektivwechsel, eine Verbeugung vor den Idolen, manchmal mühevolle Umgestaltungen in Klang und Stil: Aus Rock wird Electro, aus Härte Folk. Pop Songs werden in die Indie-Bereiche der Musik verschoben und manches Mal bleibt zwar der Stil, aber die Umsetzung mit dem eigenen, ganz individuellen Sound ist ein Geschenk für die Fans – man denke nur an die American Recordings von Johnny Cash. Es gibt so viele Beispiele für gute Coverversionen und noch viel mehr Beispiele für weitaus weniger gelungene. Den meisten gemein ist aber das Bemühen eigene Akzente zu setzen, um das Original um die eigene musikalische Welt zu erweitern und somit zu bereichern. Man kann aber auch einfach eine Best of Sammlung einer bekannten Band schnappen, die Songs wenig verändert umsetzen, den Gesang an das Original anpassen und das Cover als augenzwinkernde Hommage eines der bekanntesten Alben der Band gestalten. ‚The queen is not dead‘ sollte kein Klon werden, heißt es in der Presseinfo, aber ich frage mich, was es denn sonst sein will? Die Italiener haben die Klassiker der Briten quasi 1zu1 nachgespielt und dann um etwas orchestralen Pomp, vielleicht mal etwas zusätzlichem Backgesang („Bigmouth strikes again“) und eine vollere Produktion bereichert. Mehrheitlich klingt Simone Salvatori auch eher nach Morrissey, wenn dieser durch eine Erkältung etwas Volumen eingebüßt hätte. Das halte ich für ausgesprochen schade, hat Salvatori doch auf regulären Werken der Spiritual Front eine Stimme, die ich als markant und eingängig wahrnehme und sie viel vom Charme des Projektes ausmacht.

Die Auswahl der Songs ist nach meinen bisherigen Beschreibungen so überraschend, wie Schokoflecken auf Kindershirts: Auch hier verpasst es das italienische Trio, eigene Akzente zu setzen. Vielleicht kann man „Girl afraid“, „Barbarism begins at home“ oder „What difference does it make“ als Exoten beschreiben, alle anderen Songs sind halt die Klassiker.

Wenn ich jetzt auch noch die politische Dimension mit ins Spiel bringe, dann hat da eine Band, die in der Vergangenheit aus dem eher hellgrauen Rückwärtsgewandt-Bereich einer Band ein Denkmal gesetzt, deren zentrale Person in der Vergangenheit durch unbequeme, kontroverse Aussagen aneckte, in der jüngeren Vergangenheit aber aus unbequem eher unangenehm machte. Beide Projekte sind aus meiner Sicht nicht verwerflich, Hörer und Fans müssen sich aber gefallen lassen, dass das Nennen zu Diskussionen führen kann. Zudem bin ich mir bei Bands wie der Spiritual Front auch nie ganz sicher, ob eine solche Veröffentlichungs-Entscheidung nicht auch bewusst in dem Kalkül umgesetzt wurde, dass sich bestimmte Lager aufzuregen werden. Aufregung nur um der Aufregung Willen? Wozu, wenn die Aufregung ohne musikalische Berechtigung erfolgt?

Also, wir haben hier ein sehr gut aufgenommenes Album mit schönem Sound, guter Instrumentalisierung und einem kecken Coverartwork, das dem musikalischen Mehrwert einer reinen Kopie eines Best Ofs von The Smiths gleichkommt, und damit ein Vakuum darstellt. Ich würde mich sehr gerne austauschen mit einem Käufer des Albums, der mir erklären kann, warum man etwas braucht, das so uneigenständig ist. Wenn ich auf einem Straßenfest eine Amateurband sehe, die enthusiastisch Hits 1zu1 covern, dann ist das auch nur nett für den Moment und macht vielleicht Lust, die Originale zu hören. Nie würde ich aber auf die Idee kommen, nach einer CD zu fragen. Ich kann auch keine Wertung abgeben, denn wenn man solch unveränderte Kopien möchte, dann haben Spiritual Front ihre Sache super gemacht, 4 von 5 Sternen. Wenn man das ähnlich unsinnig findet wie ich, dann bevorzugt man sogar eher miese Alben, weil die wenigstens selbstständig aufregen und denkt sich 0,5 von 5 Punkten für das Cover.


Spiritual Front – The queen is not dead

21.07.2023 / Auerbach, Prophecy Productions


https://spiritualfrontofficial.bandcamp.com/album/the-queen-is-not-dead


01. Still ill
02. Ask
03. There is a light that never goes out
04. How soon is now?
05. This charming man
06. Girl afraid
07. Panic
08. Bigmouth strikes again
09. Girlfriend in a coma
10. The boy with the thorn in his side
11. Barbarism begins at home
12. What difference does it make?
13. Please, please, please let me get what I want
14. Shoplifters of the world unite
15. The queen is dead