Da soll noch einmal jemand behaupten, Doom wäre tot... Ganz im Gegenteil: Die düster-schleppende Musikrichtung, die uns Bands wie St. Vitus, Cathedral, Anathema oder Candlemass geschenkt, die uns gezeigt hat, daß man ergreifende und intensive Musik auch mit ganz ganz wenigen Noten pro Minute machen kann, hat sich offensichtlich nur aus dem Licht der Öffentlichkeit zurückgezogen in die dunklen Weiten Finnlands, in der sich sechs Musiker mit viel Inspiration und Liebe zum Detail ihrer Pflege widmen. Finnland, das wissen spätestens seit Acts wie Nightwish, HIM oder The 69 Eyes nicht mehr nur Liebhaber nordischer Musik, verfügt über eine ausgesprochen vitale dunkle Musikszene, und vielleicht reicht ja die Wirkung jener populär gewordenen Bands auch aus, um die Musik von ein paar anderen faszinierenden Künstlern bekannt zu machen, die sich bislang der Kenntnis der Fans hierzulande entzogen haben, wie beispielsweise The Black League, Silentium oder eben... Oder eben SHAPE OF DESPAIR, und das Sextett, das sich hinter diesem Namen versteckt, legt mit "Illusion's Play" ein facettenreiches, intensives und außerordentlich inspiriertes drittes Album vor, welches, was die darauf gebotene Musik betrifft, nicht nur dieses Jahr allein auf weiter Flur steht. Wie schon angedeutet, haben sich die sechs MusikerInnen aus dem kühlen Norden doomigen Klängen verschrieben, und diese Erkenntnis ist durchaus Programm während der reichlichen Stunde, über die sich die insgesamt sechs Songs dieser CD erstrecken. Zentnerschwer und fast in Zeitlupe quellen Tracks wie "Entwined In Misery", "Curse Life" oder "Fragile Emptiness" aus den Lautsprechern, senken sich über den Hörer wie schwerster Herbstnebel über das Land der tausend Seen, ergreifen einen Stück für Stück und lassen einen eine ganze Weile lang nicht wieder los. Nicht, daß die Songs übermäßig eingängig wären - im Gegenteil: Griffige Refrains, kompakte Songstrukturen und all diese Dinge sucht man bei SHAPE OF DESPAIR vergeblich. Dafür erreicht die Musik der sechs Finnen ihre Wirkung auf anderen Wegen: Durchweg im unteren Geschwindigkeitsbereich gehalten, inszeniert die Band ergreifende, düstere, elegische, von grenzenloser Melancholie erfüllte Stücke, die von tonnenschweren Gitarrenwänden, spärlich eingesetzten Keyboard-Sphärenklängen und wuchtigen Rhythmuspassagen der Herren Ruotsalainen und Uusilato leben. Dabei begeht man glücklicherweise nie den Fehler, übertrieben theatralisch oder pompös wirken zu wollen; selbst die gelegentlich eingeflochtenen ruhigen Parts fügen sich harmonisch in die Musik ein, steigern die Wirkung der Songs, ohne erzwungen oder gekünstelt zu wirken. Und über all der Musik thront der Gesang von Natalie und Pasi Koskinen: Im Duett ist die Kombination der beiden Stimmen pure Melancholie; wenn Mr. Koskinen allein die schwermütigen Texte der SOD - Songs in mächtigem Growl-Gesang intoniert, wirkt die Musik noch ein Stück dunkler, schwerer, intensiver, als dies ohnehin schon durch die Arbeit der Instrumentalisten der Fall ist. Schlußendlich ist "Illusion's Play" ein schwermütiges, unglaublich intensives Album geworden, dessen Erschaffern es zudem gelungen ist, eigenständige, originelle Songs zu erzeugen, die zu keinem Zeitpunkt nur wie eine billige Kopie längst vergessener Größen dieser Musikrichtung wirken und über die gesamte Spieldauer dieser CD nie Langeweile oder das "heard-it-all-before" - Gefühl aufkommen zu lassen. Für all das und den Wagemut, sich völlig fernab gängiger "Trends" (von denen ja leider auch die dunkle Szene derzeit ganz und gar nicht mehr frei ist) zu bewegen und ein Album zu erzeugen, wie zumindest ich es seit etlichen Jahren nicht mehr gehört habe, gibt es von mir die Höchstnote für "Illusion's Play" sowie für alle Fans düsterer, gitarrenlastiger Klänge, dieses Teil unbedingt zumindest probeweise 'mal anzuhören. Für Freunde doomiger Klänge führt derzeit sowieso kein Weg an SHAPES OF DESPAIR vorbei. Un-be-schreib-lich.