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Freitag, 08.09.2023

Beim Betreten der Höhle und im Gespräch mit Mitarbeitenden zeigte sich, wie das Team von Prophecy geplant hatte, die angekündigte zweite Bühne zu nutzen: Um Verspätungen durch den Umbau zu vermeiden und auch insgesamt mehr bieten zu können, wurde die Nebenbühne immer nur kurz bespielt, um dann wieder der Hauptbühne Raum zu lassen. Damit die Bands auf den Nebenbühne aber ausreichend Zeit bekamen, traten sie jeweils zweimal auf. In der Theorie klingt das erst einmal sinnhaft und tatsächlich kann ich bis auf eine 5-minütige Verzögerung nach dem Auftritt von Darkher keine Verzögerungen benennen, jedoch…. JEDOCH:

Als Band oder Fan einer Band der Nebenbühne käme ich mir etwas sehr als Lückenfüller vor: Ein Set, das unterbrochen wird? Das ist in meinen Augen wenig wertschätzend und tat auch der Stimmung nicht gut, zumal das Zusammenspiel manches Mal wirklich unstimmig war und zum Beispiel die doomigen Year of the Cobra von den hibbeligen Extremmetallern Laster unterbrochen wurden oder die Gothic Metaller Gospelheim vom Black Metal Geballer Marke Slagmaur. Auch eine fehlende Lichtshow und dieser Platz am Tunnelende am Rande des Universums war einfach nicht so schön, auch wenn die Bands sich alle Mühe gaben, das auszugleichen. Am ärgerlichsten war aber in meinen Ohren, dass sich die Soundchecks mit Auftritten überlappten – und das deutlich hörbar. Hier ist auch mein Hauptkritikpunkt für dieses Jahr. So sehr ich die Idee charmant finde, ohne Wartezeiten beschallt zu werden, aber ich möchte noch viel mehr der Musik ungestört lauschen können, die gerade dran ist. Und gerade bei einem Label, das Wert auf gaaaaaaaaanz viel Atmosphäre und Ambiente legt sollte das nicht passieren. Zweimal wurde ich regelrecht wütend: Am Ende der Sets von Darkspace und Vemod soll das Rauschen minutenlang ausklingen, abebben, zur Ruhe kommen. Man ist nach den Auftritten verzaubert, wie in Trance, alles ist perfekt. Und dann BOOM BOOM BOOM Schlagzeugtest nebenan. Alles kaputt. Ich war sofort aus der Stimmung gerissen. Große Kacke. Sorry, das musste raus.

Year of the Cobra:

Ich halte es für suboptimal, dass der erste Act auf der Nebenbühne begann, denn es wirkte aus dem Kontext gerissen. Die Menschen eroberten gerade noch den Vorplatz und die Höhle, sahen sich um, schauten zum Merchandise oder beobachteten den Aufbau auf der Hauptbühne. Die Beleuchtung war noch auf Arbeitsatmosphäre eingestellt, da ballert das Duo aus den USA einfach los. Und wie. Ich muss sagen, dass mir Sound und Auftritt der beiden noch viel stärker vorkam als bei ihrem letzten Besuch in der Höhle, damals auf der großen Bühne. Es war wirklich geil, erdig, wuchtig, mitreißend und trotz der erschwerten Bedingungen und leichter Seltsamkeiten wie die Tatsache, dass die Band in der Pause ihr Merch selbst verkauften, während 20 Meter weiter die Merch-Sektion des Labels ist, bei dem die Band veröffentlicht, kann ich hochzufrieden Qualität bezeugen. Eine überraschend große und größer werdende Menge vor der Bühne belohnte aber hoffentlich auch. Gerne wieder!

Laster

Mit ihrem avantgardistischen Soundcollagen, schwer zu verfolgen und oft nicht greifbar, mit ihren eigenwilligen Masken und der humorvollen, wirklich schrägen Gestik sind Laster sicherlich einen Blick wert. Insbesondere der Drummer macht viel Stimmung und holt auch diejenigen Zuschauenden vor die Bühne, die sich eigentlich durch das Schräge abschrecken lassen würden. Mir kam der Gedanke, dass Laster einen Black Metal darstellen, der in Bars laufen könnte – ich kann sie nicht jeden tag hören, freue mich aber nach dem Zusammentreffen auf das neue Album im Oktober.

An dieser Stelle muss auch noch ein weiterer Kritikpunkt benannt werden (es folgt danach nur noch ein wirklicher): Warum man sich für eine derart kleine Projektor-Fläche entschieden hat, bleibt ein Rätsel, das vielleicht mit monetären Gründen beantwortet werden kann, aber dieses Mini-Leinwändchen wirkte gerade im Vergleich zur Projektionsfläche in den letzten Jahren lächerlich und nahm viel Stimmung.

Disillusion

Sie machen es schon lange, sie können es und sie zeigen dabei viel Spielfreude und Herz. In einem Setting, in denen die wenigsten Bands größere Interaktion mit dem Publikum wagen und der Sound doomig und schwer ist sind Disillusion wie eine aus der Zeit gefallene Abwechslung, die sehr willkommen ist. Ihre Refrains sind catchy, mich erinnern sie trotz ihrer eigentlichen Verortung im progressiven Death Metal in den Refrains oft an Nu Metalbands der 90er und Heavy Metal der 80er. Ich mag es live sehr gerne, habe immer wieder Spaß, die Herren zu sehen.

1476

Auf der Nebenbühne und mit der leidigen Unterbrechung mitten im Set fahren die Herren wie schon am Vorabend, nur dieses Mal mit Strom, emotional voll auf – ich bin hin und weg und würde mir die Alben nach dem Auftritt kaufen, wenn ich sie nicht schon hätte. Insbesondere die stimmliche Leistung begeistert mich. Ein toller Akt, (leider) am Rande.

Vision Bleak

Wie in nahezu jedem Jahr ist die Institution in Sachen gruselwusel Heavy Metal da und liefert. Ich werde voraussichtlich nie Fan ihrer Musik sein, aber das muss ich auch nicht. Ich kann hören, dass sie routiniert und professionell genau das leisten, was sich die größer werdende Masse vor der Hauptbühne wünscht. Es wird gebangt, getanzt und begeistert gejubelt und damit hat dieser Auftritt absolute Daseinsberechtigung.

Dark Space

Mein persönlicher Höhepunkt des Tages war, wie ich in vielen Gesprächen erfuhr, auch für andere ein echtes Highlight. Darkspace treiben seit über 20 Jahren und auf 4 Alben durch das All und verbreiten eine unnachahmliche Atmosphäre trostloser Kälte und Isolation. Ihr schlüssiges Konzept, das Betitelung, Sound und Auftreten gleichermaßen umfasst und das die Schweizer seit ihren Gründungstagen konsequent durchhält ging in der Atmosphäre der Balver Höhle gleich doppelt auf. Eine ausgesprochen starke Lichtshow, die ich an dieser Stelle ausdrücklich lobend erwähnen will, tat ihr übriges und Band und Publikum verschwanden in unendlichen Weiten, die so viel finsterer, beängstigender und isolierter sind, als es Cpt. Kirk immer versprach. Es war ein fast schon ruhiges, entspanntes Set, der Drum-Computer gab keine Blast-Salve von sich und man sah hier und da Zuschauende wie in Trance wiegend. Sehr sehr geil und deswegen auch sehr sehr ärgerlich, dass der Soundcheck von der Nebenbühne die aufgebaute Stimmung zerplatzen ließ.

Crone

Ich bin ja, allein aufgrund der Vocals, kein großer Fan der Band, kann aber attestieren, dass die Band das Beste aus der zweiten Bühne machte und sympathisch und lustvoll ihre Songs präsentierten. Fans fanden sich zahlreich vor der Bühne, also alles gut.


My dying bride

Sicherlich für ganz viele Gäste einer der Höhepunkte oder sogar Kaufgründe für das diesjährige Fest: Die Briten stehen für 33 Jahre melodischen Death/Doom/Gothic Metals und allein die Nennung ihres Namens sorgt bei vielen Metalheads für Herzklopfen. Routiniert und inbrünstig zelebrierten sie in der Höhle, die aus allen Nähten zu platzen schien und das Publikum dankte es mit wippenden Köpfen und euphorischem Jubel. Ganz sicher ein sehr guter Einkauf zusammen mit Darkspace für dieses Jahr, sind doch beide Bands eigentlich bei einem anderen Label unter Vertrag. Selbiges gilt auch für die nun folgende Band, deren Namen ich während des gesamten Tages immer wieder in Gesprächen aufschnappte.

Amenra

Ja, ich kann erahnen, was die Menschen, die dicht gedrängt vor der Bühne mitfieberten, da fühlen, ohne selbst berührt zu werden. Amenra’s Auftritt war untertrieben gesagt intensiv – die Kombination aus Doom und Hardcore, dramatisches Riffing und hysterische Screams, alles in einem weniger melancholisch, sondern verzweifelten Klanggewand, große Gesten und die ganz starken Gefühle. Das Publikum war bewegt und fieberte mit und der musikalische Abschluss des ersten Tages kann als Erfolg bezeichnet werden.