Als eines der letzten Alben vor der Geschäftsaufgabe des Dependent Labels erschien Mitte August die dritte Veröffentlichung der norwegischen Future-Popper Pride And Fall. Ein Jahr und knapp sieben Monate ließ sich das Trio um Sänger Sigve Monsen Zeit, um den Nachfolger von "Elements of silence" einzuspielen. In der Erstauflage edel und geheimnisvoll als schwarzer Digipack mit ausgestanztem Sichtfenster zum Booklet aufgemacht, weckt "In my time of dying" allein optisch schon großes Interesse. Die Beurteilung neuen Longplayers erweist sich jedoch wie bei den Vorgängern einmal mehr als Sisyphus-Arbeit und langwierige Herausforderung, oder besser gesagt als heftiges Wechselbad der Gefühle, die zwischen herber Enttäuschung und großer Begeisterung schwanken. Bereits "Nephesh" und "Elements of silence" waren harte Brocken, die eine zügige Urteilsbildung nicht so ohne weiteres ermöglichten und eine intensive Beschäftigung einforderten. Der erst vor wenigen Tagen gestartete Hördurchlauf von „In my time of dying“ erreicht zahlenmäßig zwar noch nicht den dreistelligen Bereich, doch mit jeder Runde rücken die Songs ein wenig näher, oder entfernen sich zunehmend. Ob als alleinige Bereicherung der abendlichen Stille oder als musikalische Untermalung der unvermeidlichen Hausarbeit – das Album durchlief so ziemlich jede Hörsituation. Wenn das Ohr und das Empfinden dann an einen Punkt gelangen, an dem jede Facette und jedes Detail aufgedeckt zu sein scheinen, ist es an der Zeit, den Taten Worte folgen zu lassen. "In my time of dying" lebt im paradoxen Wortsinn in erster Linie von einer sehr düsteren, melancholisch-frustrierten Grundstimmung, die maßgeblich durch Sigve Monsens fragile und zurückhaltende Stimme getragen wird, welche im Vergleich zu den letzten beiden Alben eine merkliche positive Entwicklung erfahren hat. Etliche Titel atmen hörbar Traurigkeit und Verzweiflung, auf die Dauer allerdings auch eine gewisse Eintönigkeit, die dem Album nicht so gut bekommt. Nach wie vor bedienen sich Pride and Fall bei sehr vielen Songs allzu simpler Melodiestrukturen und -führungen, die bisweilen glatt ins banal-technoide abzugleitend drohen und dem anfänglich aufgebauten Zauber kurzerhand jeden Glanz nehmen. Das ist insofern schon schwer verdaulich, da Pride and Fall durchaus nachdenkliche Botschaften mitzugeben haben und mehr leisten, als nur von Schicksalsschlägen zu berichten. Die fast schon raveartigen BPM-Passagen (z.B. bei "The painful regret" und "The black gate"), blähen den ein oder anderen Song eher künstlich auf, statt ihn mit Inhalten zu füllen. Lediglich dem High-Speed-Kracher "Blood" (der mit einem so zauberhaft verspielten Intro startet) bekommt dieses Techno-Tuning gut, denn hier holt auch Sigve Monsen gleichzeitig ein Mehrfaches an Emotion und Kraft aus seiner Stimme, als er es bisher jemals getan hat. In der zweiten Hälfte scheint das Album dann eine merkliche Wendung zu erfahren. Die Songs werden zunehmend strukturierter, detailverliebter und durchdachter, hier versammeln sich die wirklichen Hits. Die Titel gewinnen an Dichte und Charakter, sie erscheinen mutiger und ausgefeilter, was ihr Arrangement betrifft. Der Titeltrack "In my time of dying" ist ein großartiges Beispiel, wie vielschichtig und gefühlvoll Pride and Fall einen Song anlegen können, ohne dass dabei zwangsläufig auf das Tempo und den Bass geschielt werden muss. Vielmehr besitzt das Stück eine Art verträumten Schunkel-Rhythmus, der intensiv berührt und gefangen nimmt, und nicht zuletzt perfekt den Bogen zum nicht minder außergewöhnlichen majestätisch-bedrohlichen Intro spannt. Stücke wie der Titeltrack oder "Free me from my demons" sollten in Zukunft richtungsweisend für die Band sein, denn Pride and Fall besitzen augenscheinlich ein Potenzial, das weit über bloße Knöpfchendreherei und Reglerschieberei mit Hang zum eher einfach gestrickten Dance Techno hinausreicht. Es wird spannend, in welch neues Zuhause die Norweger nach der Schließung von Dependent einziehen werden, und ob dieser Wechsel einen Einfluss auf das musikalische Fahrwasser des Trios haben wird. Highlights: "Blood", "Free me from my demons", "In my time of dying"