Okay, ich mochte das Debüt von Frau Percht und ihren Mitmusikern aus Tirol nicht wirklich. Das lag in meinen Ohren insbesondere daran, dass das Album weniger wie eine Melange aus Folklore und Schwarzmetall wirkte, als mehr als zerrissene Seele zwischen diesen beiden Welten und insbesondere die Metal Parts waren zu roh, zu stumpf. Auch eine Live Begegnung heilte diesen Eindruck nicht wirklich, es sprang kein notweniger Funke über und ich fühlte nicht wirklich etwas. Entsprechen verhalten waren meine Erwartungen, als mich dieser Tage die Promo zur zweiten Scheibe erreichte. 'Die Mutter', wie das Album in Hochdeutsche übersetzt heißt, befasst sich mit dem Weiblichen und, laut Aussage des Promoschreibens, mit feministischen Motiven. Ich halte an dieser Stelle die Füße still, bewege ich mich doch selbst in sehr feministischen Kreisen und habe zwei Dinge gelernt: Zum einen ist dies ein Minenfeld mit sehr unterschiedlichen Ansichten darüber, was (guter) Feminismus ist und was nicht. Zum Anderen bin ich wahrlich die falsche Person, um mich adäquat darüber auslassen zu können.

Also wende ich mich lieber den musikalischen Inhalten zu und, das will ich deutlich festhalten, diese überzeugen (mich). Perchta sind weiterhin eine Achterbahnfahrt zwischen unterschiedlichsten musikalischen Welten, unbequem und verstörend, niemals nebenbei zu konsumieren und selten "schön" im klassischen Sinne. Aber 'D'Muata' ist so unglaublich kraftvoll, fast so, als ob mich Frau Percht entführte und auf ihrem Hexenbesen durch ihre Welt raste. Im Gegensatz zum Debüt sind die Einzelelemente harmonischer ineinander gewoben. Damit will ich nicht sagen, dass das Album gefälliger ist, aber ähnlich dem Wandel vom Dornenreich zwischen 'Nicht um zu sterben' und 'Bitter...' vollzog sich auch bei Perchta eine Verwandlung, es wirkt nun alles stimmiger. Wir haben nicht die klassische Abwechslung zwischen einzelnen Parts, sondern ein ineinanderfließen, ein sich Bedienen aus den einzelnen Töpfen um immer wieder neue Eindrücke zu schaffen. Und die harten Parts gefallen mir insgesamt sehr viel besser, sind oft der Höhepunkt. Verknüpft werden die Elemente von Frau Perchts variablem und wirklich guten Gesangsleistungen und dem allgegenwärtigen Hackbrett. Aber das instrumentale Fundament ist insgesamt bockstark und die Titel wirken trotz aller Variabilität und Länge selten zerfahren.

Ja, es ist verhaltene Begeisterung. Verhalten nicht, weil die Qualität fehlt, sondern weil ich nach den ersten Kontakten wieder ein offenes Ohr entwickeln musste und weil ich die Musik von Perchta schätzen lernen muss. Denn die rauhen Parts spiegeln einen Black Metal wider, der nicht meinen Hörgewohnheiten entspricht, oft bedient man sich am klassischen Metal, den ich eher meide und die Folklore ist sehr traditionell. Eigentlich also so gar kein Album für mich. Und darum will ich es umso mehr empfehlen, denn man kann es lieben lernen und immer wieder Neues entdecken. Ich freue mich jedenfalls, dass ich in diesem Jahr noch einmal die Live-Qualitäten überprüfen kann und verbleibe mit zwei erhobenen Daumen. Geiles Teil


Perchta - D'Muata

Prophecy Productions / 14.06.2024


https://perchta.tirol/index.en.html


1. Vom Verlånga
2. Ois wås ma san
3. Heiliges Bluat
4. Hebamm
5. D'Muata
6. Wehenkanon
7. Ausbruch
8. Långtuttin & Stampa
9. Mei Dianä Mei Bua