Schnell noch einen Review, bevor der verrückte, alte, blonde Mann in den USA den Schalter drückt und dort die Lichter ausgehen – denn wenn dort der Strom abgedreht wird, könnten auch die Synthesizer von 'Panic Priest' verstummen und dann müssen wir unsere Darkwave-Sehnsucht mit Blockflöte und Triangel stillen. Lieber also jetzt eintauchen in das neue Album 'Once Wild', das nicht nur mit einem Cover glänzt, das irgendwo zwischen “High Heels meets Raubkatze” und “Cosmopolitan im Darkroom” pendelt, sondern auch musikalisch so einiges zu bieten hat.
Schon beim ersten Durchlauf von 'Once Wild' merkt man: Jack Armondo hat wieder tief in den dunklen Cocktailshaker der Genres gegriffen. Herausgekommen ist ein Sound, der nach Mitternacht schmeckt – ein bisschen bitter, ein bisschen süß, mit dem Risiko, dass man am nächsten Morgen aufwacht und denkt: „Verdammt, das war vielleicht zu viel Neon und zu wenig Wasser.“ Synthesizer legen breite, schimmernde Teppiche aus, über die Armondos Gesang mal geschmeidig, mal melancholisch stolziert. Dazu gesellen sich Gitarren, die so elegant wie Gefährten im Hintergrund agieren – nie vordergründig, aber immer genau da, wenn sie gebraucht werden, um Spannung aufzubauen oder einen Song nach vorne zu treiben.
Was mir besonders gefällt: Panic Priest schafft es, eine Platte zu machen, die gleichzeitig nostalgisch und modern klingt. Man hört die Liebe zu 80er-New Wave und Gothic-Crooner-Stimmen, man spürt den Spirit von Glam und Italo-Disco, und doch ist da immer ein zeitgenössischer Drive, der verhindert, dass man sich in der Retro-Romantik verliert. Die Beats sind mal pulsierend, mal treibend, aber nie aufdringlich. Es ist diese Art von Rhythmus, die dich automatisch dazu bringt, mit dem Kopf zu nicken oder den Drink in der Hand etwas rhythmischer zu schwenken. Humor steckt übrigens auch in der Musik – nicht so, dass die Songs plötzlich in Comedy abdriften, sondern subtil: kleine ironische Wendungen in der Melodie, leichte Übertreibungen im Gesang, die einem zuzwinkern. Panic Priest wirkt, als wüsste er genau, dass er gerade ein großes, düsteres Drama inszeniert – und dabei verschmitzt lacht, weil er es genießt, dich in diese Welt zu ziehen.
Natürlich: Wer auf knallharte Industrial-Schläge oder martialische Beats aus dem Bunker steht, könnte hier sagen: „Zu glatt, zu charmant, zu wenig Stacheldraht.“ Aber genau darin liegt für mich der Reiz von 'Once Wild': Es ist ein Album, das man sich anhören kann, wenn man in einer verrauchten Bar versackt, aber genauso auch, wenn man die Nacht im Club durchzieht. Es hat etwas Verführerisches, etwas Wildes, und gleichzeitig eine Eleganz, die es von reiner Tanzflächenkost abhebt.
Und das Cover? Ja, das Cover ist der perfekte Begleiter: ein Leopard, Netzstrümpfe, High Heels. Es wirkt, als wäre es das offizielle Wappentier für „Lass uns heute Abend alles übertreiben, aber mit Stil“. Wenn die Musik eine Szene wäre, dann genau diese: gefährlich, sexy, ein bisschen drüber – aber so, dass man nicht weggucken kann.
Mein Fazit: 'Once Wild' ist ein Album, das nicht nur seine Szene bedient, sondern darüber hinausgeht. Es ist zugänglich, ohne banal zu werden, dunkel, ohne in Klischees zu ersticken, und witzig, ohne die eigene Ernsthaftigkeit zu verlieren. Für mich persönlich eines dieser Alben, die man gern ein zweites Mal durchlaufen lässt, einfach weil man spürt: Hier steckt Leidenschaft drin, aber auch Selbstironie. Panic Priest weiß, dass Darkwave keine Trauerveranstaltung sein muss, sondern eine schillernde Nachtfahrt durch eine Stadt voller Möglichkeiten. Also: Hört es euch an, tanzt dazu, oder lasst euch einfach auf dem Sofa vom Leopard hypnotisieren – aber wartet nicht, bis der US-Kongress die Sicherungen rausdreht.