Anfang letzten Jahres besiegelten Martin Bodewell und Lars Felker mit dem Album "Bassprodukt" ihre Rückkehr ins Musikgeschäft. Der mit Clubhits gespickte Longplayer sorgte für Begeisterung in der treuen EBM-Szene, haufenweise positive Resonanz und volle Hallen bei den (leider nur wenigen) nachfolgenden Live-Auftritten. Vier Monate später legte das Hannoveraner Duo eine Remix-Maxi nach, welche die Reunion perfekt machte. Jetzt, nach mehr als einem Jahr, präsentieren Bodewell und Felker mit "Profound" ihr neues Album, das sich von seinem Vorgänger deutlich unterscheidet. Allein optisch deutet nichts darauf hin, dass sich hinter "Profound" kalte, maschinelle Bodymusic in Reinkultur verbirgt. Der kunstvoll gestaltete Skull mit Flügeln im Tattoo-Stil lässt eher an aufmüpfigen Hardrock, Röhrenjeans und Cowboystiefel denken. Dass es jedoch tatsächlich etwas raubeiniger zugehen wird, signalisiert der "Parental advisory"-Sticker, der sonst eher argloses Jungvolk vor dem unflätigen Wortgebrauch vieler Hardcorebands oder Gangsta-Rappern schützen soll. Kurzum: Das Album macht neugierig, sehr sogar. Deutet der Albumtitel „Bassprodukt“ ganz richtig auf die musikalische Spielart und Intensität, zielen Orange Sector mit "Profound" ganz klar auf die inhaltliche Komponente, die Lyrics. Keine Frage, schon auf dem Vorgängeralbum waren Felker und Bodewell nicht gerade zimperlich und zurückhaltend, was das Kundtun ihrer Meinung betrifft. Diesmal haben die beiden jedoch fast ausschließlich sehr persönliche Themen verarbeitet. Der Erfolg der letzten eineinhalb Jahre sorgte also nicht zwangsläufig für fröhlichen Übermut, sondern führte zu einer weiteren ernsthaften, extrem kritischen Auseinandersetzung mit den eigenen Alltagsproblemen und dem Leben in einer Gesellschaftskultur, die sich in ihrer Fortenwicklung selbst behindert und langsam zerstört. Die musikalische Richtung des Albums gibt bereits der prägnante Opener "Sick.Sick.Sick" an: Aggressive Shouts, stakkatoartige Beats mit plötzlichen Rhythmuswechseln, das Fehlen jeglicher Spielereien und melodischer Elemente machen "Profound" zu einer harten, nicht auf Anhieb leicht verdaulichen Kost. Lediglich "Kopfschuss" knüpft noch ansatzweise an die auf "Bassprodukt" vertretenen melodischen Songstrukturen an. Jeder Titel bringt seine Message in wenigen Minuten straight auf den Punkt, "So viel wie nötig, so wenig wie möglich" könnte daher auch die Devise lauten. Selbst im Tempo gemäßigtere Titel wie "Bibelhammer" und "Invasion" leben von einer unterschwelligen Bedrohlichkeit, ohne jemals die minimalistischen Arrangements aufzuweichen. Um der Aggressivität jedoch noch mehr Ausdruck zu verleihen, haben Bodewell und Felker rund zwei Drittel der Songs in Englisch eingesungen, der Titel "Stimmen" wurde sogar in einer deutsch- und englischsprachigen Version ("Noise") auf das Album gepackt. Neben dem bereits erwähnten "Kopfschuss" dürfte der nur knapp 2.25 Minuten kurze Titelsong "Profound" noch die eingängigste Clubtauglichkeit besitzen. Orange Sector ziehen ihre Arbeit ohne Experimente vom ersten bis zum letzten Track durch. Das Album marschiert beim ersten Durchlauf in Windeseile am Hörer vorbei. Wären da nicht noch drei aufpolierte Remixe am Schluss, müsste man sich tatsächlich fragen, wie oft man nun eigentlich durchgeatmet hat. Da aber auch niemand ein künstlich aufgeblähtes Album ohne zusätzlichen Input braucht, darf man dem Minimalismus und der Kompromisslosigkeit von Orange Sector Respekt zollen. Mehr braucht es nicht, weniger muss aber auch nicht sein!