Northern Lite sind anders oder wie es Veit in der Rezension zu ihrem Debütalbum „Reach The Sun“ so treffend formuliert hat: „Northern Lite sind eine Ausnahme“. Nicht nur, weil das Erfurter Trio schon vor Veröffentlichung der ersten Platte eine aufregende Livekarriere hinlegte sondern ganz besonders, weil die Thüringer es auf einmalig schöne Art und Weise schaffen Independent Rock mit Electro und Techno zu verbinden. Nach Dauerrotation von „Reach The Sun“ wurde es nun Zeit, dass ich mir das neueste Werk des Trios unter die Nägel reiße: „Temper“. 54 Minuten Electronic mit rockigen Ecken und Kanten verteilt auf 13 Tracks. Als Vorgeschmack auf das neue Album wurde Anfang des Jahres „Go With The Flow“ – eine Coverversion eines Stückes der Queens Of The Stone Age – veröffentlicht. Meiner Meinung nach nicht das stärkste Stück der Band, es verliert sich ein wenig zu sehr im einfachen Radio-Einheitsbrei. Trotz des verdienten Gewinns des diesjährigen Dance Music Awards in der Sparte Best Indie/ Electro Artist war ich also dennoch etwas skeptisch. Nach nur wenigen Minuten „Temper“ war von der Skepsis jedoch nichts mehr übrig. „Temper“ steht seinem Vorgänger in nichts nach. Die so charakteristischen Merkmale des Northern Lite Sounds bestimmen noch immer die Songs: rockige Gitarrenriffs - diesmal vom neuen Gitarristen Sascha Littek -, Andreas Kubats locker, lässiger Gesang, fesselnde Rhythmen und elektronische Beats. Und dazu gibt es dieses Mal noch mehr darkwavige 80er Einflüsse. Die musikalische Spannbreite reicht von packenden Songs wie „Something“ über stille Songs wie „Mirrorshape“. Im letzten Track gibt es diese Mischung innerhalb von 9:10 Minuten auf die Ohren. Nach „I Don’t Know You“ folgt ein Hidden Track, der das Tempolimit aller bisherigen Northern Lite Songs sprengt. „What I Want From You“ ist der Auftritt des Sascha Littek, der seiner Gitarre so einiges abverlangt. Wie auf dem Debüt hält „Temper“ dazu einige echte Ohrwürmer a la „Reach The Sun“ oder „Gone“ bereit. Das laszive „Facts Of Live“ und das leichte „No Escape“ sind hitverdächtig. „No Way To Escape…“! „I Want More“ gehört zu jenen Songs, bei denen man unweigerlich mitwippt und den Refrain mitsummt. Kubats Gesang verleiht den Lyrics noch eine extra Portion Lässigkeit. Zu den fetten Songs gibt es noch ein schickes Booklet – faltbar und mit den Lyrics und auf der Rückseite mit einer Malerei der Band versehen. Wer „Reach The Sun“ mochte, wird auf „Temper“ nicht enttäuscht. Die Platte ist genauso infektiös wie ihr Vorgänger. Nebenwirkung: Dauerrotation und genervte Mitbewohner… Und obwohl der Ruf ihnen bereits vorauseilt, kann ich mir eine Bemerkung über die Livequalitäten des Trios nicht verkneifen. Vor wenigen Tagen konnte ich wieder einen Auftritt genießen und das muss jetzt raus: es gibt wenige so charismatische Bands mit einer derart vereinnahmenden Liveperformance. Damit muss ich neben dem Kauf der CD auch einfach noch einen Konzertbesuch empfehlen. Live: 6 Sterne, Album: 5 ½ Sterne. „Goddamm Good Way To Spend My Life!“