Wenn man den Namen 'N.Dos' hört, könnte man glatt an einen Nerd denken, der heimlich in seinem Keller noch mit MS-DOS hantiert oder nostalgisch FreeDOS-Programme schreibt. Vielleicht eine Hommage an die glorreichen Zeiten, als der PC noch mit kryptischen Befehlen bezwungen wurde? Aber nein, wir sprechen hier nicht von einem Betriebssystem, sondern von 'Entropy', einer musikalischen Veröffentlichung, die zwar keine Diskette braucht, aber trotzdem tief in unsere innersten Prozesse eingreift – nämlich die des Denkens und Fühlens. Also, statt "C:\> dir /p" zu tippen, tauchen wir lieber in die verschachtelte, fragmentarische Klangwelt von N. Dos aus Chicago, Illinois ein.
Und was für eine Klangwelt das ist! Entropy ist keine einfache Veröffentlichung die sich brav an klassische Songstrukturen hält – ganz im Gegenteil. Synthpop ist hier ganz weit weg und wir bewegen uns eher im Bereich Industrial, (Rhythmic) Noise und/oder im Ambient-Bereich. Die Tracks fühlen sich an wie musikalische Reisen durch einen dichten Nebel, bei denen man nie genau weiß, was hinter der nächsten Note lauert. Jeder Titel ist ein eigenes Fragment, ein Moment, der für sich steht, während gleichzeitig eine subtile, größere Verbindung zwischen den Stücken spürbar wird. Anfangs wirkte das auf mich wie ein chaotischer Flickenteppich, aber je länger ich mich in die Musik versenkte, desto mehr verstand ich: Dieses Chaos ist gewollt. Es ist die akustische Umsetzung des Titels – die Entropie als Prinzip der Unordnung, die zugleich faszinierend und unvermeidlich ist.
Ein Blick auf die Tracklist unterstreicht diesen Eindruck und wirft weitere Fragezeichen auf! Die Titel bestehen aus kryptischen, alphanumerischen Codes wie „6621a75e“ oder „6763636e“. Diese Sequenzen erinnern mich an Hashwerte, digitale Artefakte oder Speicheradressen und könnten vielleicht auch Symbole für die Zersetzung von Ordnung sein – Relikte, die aus einem größeren Ganzen herausgelöst wurden. Die Länge der Tracks wirkt dabei fast wie eine zusätzliche Sprache: kurze Stücke wie „66887c5e“ (01:47) erscheinen wie flüchtige Gedanken oder Fragmente, während längere Tracks wie „6763636e“ (07:55) ausgedehnte, massive Klanglandschaften eröffnen, die Raum für Reflexion bieten. Die Unlesbarkeit der Titel verstärkt das Gefühl von Geheimnis und regt dazu an, die Musik als abstrakte Kunstform zu betrachten, die sich einer einfachen Einordnung widersetzt.
Was mich besonders beeindruckt hat, ist die klangliche Präzision von N. Dos. Die Tracks sind gleichzeitig reduziert und komplex, fast chirurgisch präzise konstruiert. Jeder Soundeffekt, jede Schichtung wirkt so durchdacht, dass sie lange nachhallt, wie ein Echo, das sich im Raum verliert. Besonders faszinierend fand ich die subtilen Texturen, die oft erst beim zweiten oder dritten Hören spürbar werden. Es ist keine Musik, die sich beim ersten Durchgang vollständig erschließt, sondern eher eine, die Geduld und Aufmerksamkeit verlangt – und dabei umso mehr belohnt. Entropy ist nicht nur musikalisch experimentell, sondern auch emotional tiefgehend. Die Klangwelten fühlen sich oft introspektiv an, als ob sie den Hörer auf eine Reise nach innen mitnehmen. Gleichzeitig vermittelt die Veröffentlichung ein starkes Gefühl der Vergänglichkeit. Manche Tracks wirken wie Erinnerungen, die langsam verblassen, während andere fast greifbar erscheinen und einen in ihren Bann ziehen. Das Zusammenspiel von Chaos und Struktur, von Vergehen und Persistenz, hat mich beim Hören immer wieder zum Nachdenken gebracht – über die Unbeständigkeit von Zeit, von Momenten, von uns selbst.
Natürlich ist Entropy nichts für den normalen Synthpopper. Die experimentelle Natur und die Abwesenheit klarer melodischer Muster könnten hier manche Hörer:innen eher abschrecken. Es ist auch keine Musik für den Hintergrund, sondern eine, die volle Aufmerksamkeit fordert. Doch wer sich auf diese Herausforderung einlässt, wird mit einer einzigartigen klanglichen Erfahrung belohnt, die ihresgleichen sucht.
Am Ende hat mich Entropy nicht nur musikalisch beeindruckt, sondern auch emotional bewegt. Es ist eine Veröffentlichung, die mich zum Nachdenken gebracht hat – über das Chaos des Lebens, über das, was bleibt, und das, was unweigerlich vergeht. Und es ist ein Werk, das lange nachhallt, wie ein leises Echo in einer leeren, dunklen Kammer. Wer bereit ist, sich auf diese ungewöhnliche und poetische Klangreise einzulassen, wird mit einem Erlebnis belohnt, das tief berührt und nachhaltig wirkt. Und mal ehrlich: Wann hat euch das letzte Mal ein Betriebssystem so sehr begeistert?
N.Dos - Entropy

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