Sie haben es alle so sehr gewollt. Die Band und die Fans gleichermaßen. Zusammen gestalteten sie "Symphonic Live The Second Chapter" zu einem mitreißenden Tondokument, bei dem am Ende die Erkenntnis steht, dass Mono Inc. - vieler Kritiken zum Trotz - zur unangefochtenen Speerspitze angedunkelter Rockmusik made in Germany gehört. Ihr Stern begann in den 2010ern aufzusteigen, als sie mit Unheilig auf Tournee gingnen und so einem größeren Publikum zugänglich wurden. Seitdem hagelte es nicht nur positive Bewertungen, sondern auch jede Menge herbe Kritik. Nicht so wohlgesonnene Zeitgenossen bemängelten, dass die Band extrem kitschige Rockmusik produzieren würde und wie ein billiger Abklatsch von Unheilig klingen. Einige frühe Fans kehrten der Band um Sänger Martin Engler (der anfangs als Schlagzeuger bei der Band spielte - Phil Collins lässt grüßen) den Rücken, weil sie unter anderem mit Bild.de kooperierte und ihre Alben massiv auf Privatsendern im Fernsehen beworben wurden.

Und da haben wir sie wieder, die alte Debatte, was eine Band aus der Gruftie-Ecke darf und was nicht. Vor allem nicht bekannt werden und in den oberen Chartpositionen auftauchen. Denn das kommt ja einem Ausverkauf der Szene gleich. Die Frage, wie kredibel eine Band noch ist, die sich aus der Gruftienische heraus- und die größeren Bühnen betritt wurde bereits bei Deine Lakaien oder Wolfsheim hart diskutiert. Mono Inc. sind seit ihrem 2012er Album "After The War" Dauergast in den Top Ten, die letzten beiden Langrillen "The Book Of Fire" (2020) und "Ravenblack" (2023) grüßten kurzzeitig von Platz eins. Die Gralshüter waren sicherlich not amused.

Aber übersehen sie bei aller - manchmal auch nicht ganz unberechtigter - Kritik, dass Mono Inc. nichts in den Schoß gefallen ist, sondern ihr Erfolg das Ergebnis jahrelanger Arbeit, immer mit dem Anspruch verknüpft, jeden weiteren Longplayer ein Stück besser machen zu wollen. In "Symphonic Live The Second Chapter" kulminiert die handwerkliche Finesse mit der künstlerischen Leidenschaft und dem durchaus nicht ganz einfachen Ziel, die Menschen zu unterhalten.

Wie der Titel es bereits vorwegnimmt, ist es bereits das zweite Mal, dass Mono Inc. ihre Songs in einen symphonischen Rahmen packen. 2019 kam die erste Platte dieser Art auf den Markt und erreichte Platz fünf der Charts. Die orchestrale Komponente ist bereits von Haus aus Teil ihres musikalischen Kosmos, aber in den Live-Versionen intensiviert sich die Unmittelbarkeit zwischen Streichern und Band sowie die daraus entstehende Dynamik um ein Vielfaches. NIcht unerwähnt lassen sollte man dabei die glasklare Abmischung des Mitschnitts. Englers in den Vordergrund gerückte Stimme evoziert eine intime Stimmung, die natürgemäß bei ruhigeren Stücken durch Mark und Bein fährt. Es wäre daher nicht verwunderlich, wenn beim ohnehin schon potenziellen Tränenzieher "Wiedersehen Woanders" im Publikum das eine oder andere Taschentuch gezückt wurde. Diese Version überbietet die Studioaufnahme, weil die Emotion ungefiltert und wahrhaft ist - selbst wenn Neider den pathetischen Text rügen werden. So muss Katharsis!

Im Gegenzug ist eine schmissige Nummer wie "Ravenblack", der sich durch einen dialogischen Strophenaufbau, der an Johnny Wakelins unkaputtbare Disconummer "In Zaire" erinnert, auszeichnet, dank knackigem Schlagzeug und klar hörbarem Auditorium ein grandioses Live-Feeling übermittelt, selbst wenn man sich den Gig auf seiner Heimanlage oder über Kopfhörer anhört. Selten ist der Spruch "Mittendrin statt nur dabei" so passend wie hier.

Falls es den einen oder anderen gibt, der gerne dieses Konzerterlebnis in natura erleben möchte, kann dies sogar noch nachholen. Aufgrund der großen Nachfrage spielen die Hamburger am 14.09.2024 noch einmal unter dem Motto "Final Show of the Second Chapter" in der Kulturwerft Gollan zu Lübeck. Resttickets dafür gibt es exklusiv im Bundle mit einer besonderen 2-CD Version von "Symphonic Live - The Second Chapter" im Pappschuber.