Knapp 90 Monate ist es her, als Melotron versuchten, mit ihrem letzten Studioalbum „Propaganda“ und dem damit einhergehenden Mitwirken bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest ihren Bekanntheitsgrad über die Szene hinaus zu steigern. Der Erfolg blieb jedoch aus, nicht zuletzt weil das Album seltsam unausgegoren wirkte und neben den Meisterwerken Weltfrieden oder Sternenstaub deutlich verblasste. Die lange Veröffentlichungspause wurde mit etlichen Konzerten in aller Welt ausgefüllt, Sänger AndyK trat als DJ und Remixer in Erscheinung und dann gab es ja im vergangenen Jahr auch die EP Stuck in the Mirror, welche einen Vorgeschmack auf die „neuen“ Melotron bot. Besagter Titelsong der EP findet sich auf dem Quasi-Best Of „Werkschau“ wieder, neben Neuaufnahmen alter Songs sowie dem Titel „Love is Calling“, der seit 2011 zum festen Live-Rpertoire der Neubrandenburger gehört. Natürlich müssen die upgedateten Versionen mit ihren alten Vorbildern verglichen werden. „Du bist es nicht wert“ bot im Original einen langsamen Spannungsaufbau und fragile Soundstrukturen. Die 2014er Version zielt dagegen von Sekunde Eins an voll auf den Club-Einsatz – modern, klar strukturiert und damit im Labelroster von Melos neuer Plattenfirma Out Of Line sicher passend verortet. „Love is Calling“ punktet mit deutschen Strophen- und englischen Refrainlyrics, das instrumentale Intro vermag aber nicht so recht zum Rest des Songs zu passen. Zudem hatte die Liveversion irgendwie mehr Pep, die reduzierte Studioproduktion raubt der tollen Komposition den absoluten Ohrwurmfaktor. Vielleicht besteht ja Hoffnung auf eine Club-Version als kommende Single-Auskopplung? „Nur ein Licht“ konnte man bislang nur auf der Kindertraum V 1.0-Maxi finden. Völlig zu unrecht, gehört diese Ballade doch zu den Highlights der Bandgeschichte. Andy singt die Neubearbeitung noch gefühlvoller, er spielt mit seiner Stimme, die sanften Flächensounds im Hintergrund kreieren eine traurige, gleichwohl harmonische Aura. Gelungen, wenn auch gewöhnungsbedürftig! „Arroganz der Liebe“ bietet dagegen wenig Neues und kommt eher als Füllstoff daher, während „Dein Meister“ dank druckvoller Produktion zum heimlichen Club-Hit des Albums avanciert. Leider erfährt die Euphorie in der zweiten Albumhälfte einen kleinen Dämpfer, denn sowohl „Das Herz“ im langweiligen Dub-Step Mode, als auch „Kindertraum“, das als dudeliger Sandmännchen-Soundtrack zum Einschlafen einlädt, bieten wenig Esprit. Dagegen kann „Gib mir alles“ mit einem minimalistischen Intro und Anleihen an die bewährte Liveversion vollends überzeugen. „Brüder“ fährt die hymnischen Keyboardparts herunter, stellt stattdessen den Gesang von Dennis Ostermann und Andy in den Vordergrund. Ein interessantes Experiment, das geteilte Meinungen hervorrufen dürfte. „Halt mich fest“ konnte mich im Original schon nicht fesseln – die Pianovariante mit einer Prise „Maschinen aus Stahl“ kommt als kleiner Bruder von „Nur ein Licht“ daher und rundet das Album ansprechend, aber unspektakulär ab. Ein ordentliches Comeback von Andy, Edgar und Hilde, das allerdings durch die Bonus-CD der limitierten Edition leicht getrübt wird. Zu Beginn von „Wenn es nichts mehr gibt“ hört man noch Fragmente des Outros von „Alles von Dir“, am Ende erklingen die ersten Takte von „Ich bin, wie ich bin“. Solche Schludrigkeiten dürften eigentlich nicht passieren und passen nicht zur ansonsten guten Produktionsqualität der Scheibe. Wer alle Maxi-CDs von Melotron bereits sein Eigen nennt, der kann sich mit dem einfachen Album begnügen und bekommt dafür angenehmes Hörfutter zur Überbrückung einer hoffentlich überschaubaren Wartezeit bis zum nächsten komplett „neuen“ Longplayer der Electro-Popper. „Die Reise geht weiter“ verkünden Melotron stolz im Booklet. Wir wünschen Ihnen, dass sie nicht erneut 90 Monate im Flieger sitzen müssen...