Eine Aufzählung der für mich wichtigsten Electro-Acts würde immer Leaether Strip enthalten. „Solitary Confinement“ wäre bei den wichtigsten Alben dabei und auch bei der Frage nach den Lieblingsliedern würde ich nie „Evil Speaks“ oder „Desert Strom“ (Klute) vergessen. Bei Konzerten würde mir zudem immer das AE-Konzert am 22.11.1992 im Zwischenfall einfallen, wenn auch in erster Linie wegen der gruseligen Reggaemusik vor und unserem nicht minder gruseligen Autounfall nach dem Konzert. Um ehrlich zu sein, hat sich AE aber auch zu einem heißen Kandidaten für die Kategorie „Grenzwertige Comebacks“ entwickelt. So sehr mich die Begeisterung von Claus Larsen auf der Bühne freut, es gibt zuviel Neues und zu selten erreichen die neuen Sachen auch nur ansatzweise die Brillanz der Klassiker.

Und so bin ich dann auch ehrlich gesagt in Deckung gegangen, als es um das neue Album ging. Dass es sich dabei um einen Soundtrack handelt und natürlich eine Bonus-CD an Bord ist, hat mich erst recht nicht umstimmen können. Es folgten viele positive Kritiken auf die ich mit einem Schulterzucken reagiert habe. Aber dann habe ich zufällig den Titelsong „Dark Passage“ gehört und mein Interesse war geweckt. Denn dieser Track gehört meiner Ansicht nach zu den besten seit dem Comeback, was in erster Linie an dem hymnischen Refrain liegt. In der Folge wechseln sich typischen Soundtrack-Instrumentals (schön abwechslungsreich ist „Amanda“ geworden) und typische AE-Stücke ab. Wobei zum Beispiel „Twisted Games“ irgendwo dazwischen anzusiedeln ist. Die Beats sind knackig wie eh und je, an Flächensounds wird auch nicht gespart. Diese Zutaten alleine reichen aber nicht, um etwa aus „Everything Dies“ mehr als einen guten Song zu machen. Und eine Legende muss sich eben an hohen Maßstäben messen lassen.

Von der Anzahl der Stücke darf man sich nicht täuschen lassen, auch bei neun Tracks kommen am Ende 76 Minuten zusammen. CD2 bietet unter anderem Extended Versions über deren Sinn man streiten kann. Auch wenn mit „Voluntary Confinement“ und „My Shadow Is Your Home“ weitere Höhepunkte der letzten AE-Alben erneut zu hören sind. Dazu kommen weitere, unveröffentlichte und musikalisch deutlich reduzierte Songs, auf die ich nicht im Detail eingehen möchte. Nur das enervierende Wiederholen von Textzeilen wie bei „Bondage Is Not A Crime“ sei erwähnt. Den Abschluss bilden zwei interessante Remixe, die mir fast besser gefallen als die Originalversionen. Vor kurzem hat Claus Larsen in einem Interview erzählt, dass sein Label versucht, seinen Veröffentlichungsdrang zu bremsen, er sich aber nicht drum schert. Es wäre wünschenswert, der Däne würde auf die Jungs von Alfa Matrix hören. Ich bilde mir ein, Spuren der alten Genialität herauszuhören und ich will glauben, dass mit etwas mehr Zeit und Konzentration auf die besten Songs auch heute wieder ein AE-Album der alten Klasse möglich wäre.

„Dark Passages“ hat diese Klasse nur in Ansätzen. Diese gehen leider in der Masse gnadenlos unter. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. In besonders guter Verfassung ist sie bei mir aber ehrlich gesagt nicht mehr.