Es scheint, als wollten Nouvelle Vague einen Schnitt zum bisherigen Werk machen: vom Cover der neuen CD, das nicht mehr schablonenhafte Frauenköpfe mit dem typisch französischen Blick der Unnahbarkeit und dem Hang zum savoir-vivre, sondern die abnormal geformten Knochen von Frauenfüßen in High-Heel-Stiefeletten zeigt, bis hin zur Auswahl der Lieder, die diesmal alle von francophilen Künstlern kommen. Ist man ehrlich, bleibt dann jedoch alles beim Alten! Es groovt entspannungsbetont wie eh und je und die Gäste auf dem vierten Longplayer von Libaux und Collin wissen die Originale auch diesmal wieder bzgl. Leichtigkeit und Rhythmusgefühl gebührend zu interpretieren, so dass der Winter 2011/2011 zum musikalischen Sommer wird. Neu ist, dass kein Collaborateur zweimal auf dem Album gefeatured wird. Stattdessen holt man sich neben alten Bekannten auch Stars wie Coralie Clément oder Vanessa Paradis an Bord. Letztere darf dann auch einen der schönsten französischen Titel der 80er interpretieren, auf den auch schon St Etienne in den Neunzigern aufmerksam geworden sind: ‚Week-end A Rome’. Dabei lässt es sich Etienne Daho nicht nehmen, den gesprochenen Teil seines Klassikers selbst zu übernehmen. ‚Oubliens L’amerique’ stellte Nedeah Miranda bereits auf der letztjährigen Tour live vor. Zwar wurde natürlich der Punk-Appeal von Wunderbach vollständig herausgenommen, die Darbietung zählt neben ‚Marcia Baila’ auf ‚Couleurs Sur Paris’ trotzdem zu den flotteren Stücken. Was auffällt ist, dass Nouvelle Vague streckenweise davon leben, dass man die neu interpretierten Songs im Original kennt, denn erst dann kann man einschätzen, mit welche Treffgenauigkeit hier umgeschrieben, arrangiert und gesanglich besetzt wird. Natürlich fällt das einem Nicht-Franzosen wie mir in diesem Falle etwas schwerer, da ich lediglich eine Handvoll der ursprünglichen Songs kenne. Deshalb ist die Herangehensweise diesmal eine andere: einzig und allein die Musik selbst zählt. Und die ist nach wie vor traumhaft verträumt. Ob ‚Voila Les Anges’ mit der Kanadierin Béatrice Martin, der Stimme von Couer de Pirate, oder auch ‚Ophelie’ mit Yelle, die man aus dem Kitsune Umfeld bereits kennt, man hört gerne hin. Es wird spannend, ob die Fangemeinde außerhalb Frankreichs auch die Geduld hat sich mit komplett neuem Material auseinander zu setzen oder aufgrund des eher fehlenden Kontextes schneller aufgibt und auf die ersten drei Alben zurückgreift. Ich wünsche Nouvelle Vague dass der Release ähnlich gewürdigt wird wie die vorangegangenen Veröffentlichungen, denn die heutige Gesellschaft schreit ständig nach Change und Weiterentwicklung, die hier im Rahmen des Sinnvollen umgesetzt wurde ohne sich vom Grundkonzept verabschieden zu müssen.