Ich gebe es offen zu: Wenn mir jemand ein Album ankündigt, das mit „Dark Ambient & Neoclassical Dark Wave, inspiriert von tausenden Jahren existenziellen Schmerzes“ beworben wird, greife ich innerlich schon mal zum Augenrollen. Das ist genau die Art von Beschreibung, bei der Anspruch und Selbstüberschätzung gefährlich nah beieinanderliegen. Umso erfreulicher, dass 'Oblivion Dreams' von 'KLAShTAL' diese Klippe erstaunlich souverän umschifft. Statt bedeutungsschwerer Dunkelromantik bekommt man ein Album, das weiß, wann Zurückhaltung die bessere Wahl ist. Hinter dem Projekt steht 'Jesse Heikkinen', bekannt aus 'Iterum Nata', 'The Abbey' und früher auch 'Hexvessel'. Und ja – hier klingt nichts nach liebloser Nebenbeschäftigung. Dieses Debüt, erschienen bei 'Inverse Records', meint es ernst. Sehr ernst sogar!
Musikalisch macht 'Oblivion Dreams' von Beginn an klar, dass es keinerlei Interesse an Dynamik, Abwechslung oder gar Überraschungen hat. Das Album ist ruhig. Und bleibt ruhig. Und wird… richtig: ruhig bleiben. Dark Ambient, Neoclassical Dark Wave und Dungeon Synth werden hier nicht als Spielwiese genutzt, sondern als bewusst eng gesteckter Rahmen. Klassische Songstrukturen, Spannungsbögen oder gar dramaturgische Höhepunkte sucht man vergeblich – und zwar konsequent über die komplette Laufzeit.
Was mir dabei auffällt: Diese Konsequenz ist gleichzeitig größte Stärke und größtes Risiko. Einerseits erzeugt das Album eine sehr geschlossene, fast hermetische Atmosphäre. Die Musik fließt gleichmäßig dahin wie Nebel über eine verlassene Landschaft. Schwebende Synthesizer-Flächen, sparsame Melodien und viel Raum zwischen den Klängen erzeugen Bilder von postapokalyptischer Ruhe, von einer Welt, in der längst nichts mehr passieren muss. Das ist stimmig, durchdacht und handwerklich sauber umgesetzt. Andererseits fordert 'Oblivion Dreams' dem Hörer eine Menge Geduld ab. Es gibt meinem Gefühl nach wirklich keinen Track, der ausbricht, keinen Moment, der plötzlich aufhorchen lässt. Wer auf irgendeine Form von Entwicklung oder Steigerung wartet, wartet bis zum letzten Ton – und wartet vergeblich. Subjektiv gesprochen: Mir gefällt diese kompromisslose Haltung, aber ich merke auch, dass sie das Album sehr klar auf eine Nische festnagelt. Das hier ist Musik für einen Zustand, nicht für Bewegung.
Die Entstehungsgeschichte – ursprünglich als Einschlafmusik für den eigenen Sohn gedacht – passt überraschend gut zu diesem Eindruck. 'Oblivion Dreams' wirkt wie ein langer, gleichmäßiger Atemzug. Dunkel, ja, aber nie aggressiv. Bedrohlich, aber stets kontrolliert. Diese Mischung aus Geborgenheit und existenzieller Schwere ist durchaus reizvoll, kann aber auch schnell in Gleichförmigkeit kippen, wenn man nicht in der richtigen Stimmung ist. Produktionstechnisch gibt es wenig zu meckern. Der Sound ist warm, organisch und angenehm unaufgeregt. Die punktuelle Beteiligung von 'King Dude' am Moog-Synthesizer bringt etwas Körnung in das ansonsten sehr glatte Klangbild. Diese Momente tun dem Album gut, weil sie minimale Reibung erzeugen – ohne die meditative Grundhaltung zu zerstören. Mehr davon hätte dem Gesamtbild allerdings nicht geschadet.
'Oblivion Dreams' ist also ein Album mit klarer Ansage: Ruhe um jeden Preis. Diese Konsequenz wird Fans von Dark Ambient, Neoclassical Dark Wave und Dungeon Synth begeistern, die genau diese Gleichmäßigkeit und Entschleunigung suchen. Für diese Zielgruppe ist 'KLAShTAL' ein starkes, in sich geschlossenes Debüt ohne unnötige Ausschläge. Für alle anderen gilt allerdings: Wer Abwechslung, Dynamik oder klassische Spannungsbögen erwartet, sollte lieber weiterziehen. Persönlich sehe ich 'Oblivion Dreams' als ein Album, das ich gezielt abspiele – und ebenso gezielt wieder beiseitelege. Freundlich formuliert: sehr stimmungsvoll. Deutlicher gesagt: bewusst monoton. Und genau darin liegt sowohl sein Reiz als auch seine klare Grenze.
Klashtal - Oblivion Dreams
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