So, geschafft. Dies ist das letzte Album, das ich unbedingt thematisieren wollte, das aber während meiner Schreib-Pause warten musste. Kinit Her, ein aus Wisconsin stammendes Duo, haben sich dem Folk verschrieben und ihr nunmehr 15tes Album erschien bei Prophecy Productions am Ende des letzten Jahres. ‚The nature out there‘ hatte es mir mit dem Opener sofort angetan und seitdem kreisten die 40 Minuten eigenwilliger Klänge immer wieder in meine Player, es fehlte nur die Zeit und die Geduld, zu berichten.

Es gibt da eine Nische im Folk, die zwischen traditionellen, Teils mittelalterlichen Klängen, Avantgarde, Apokalyptic und Neo-Folk einen Raum einnimmt, der schwer einzugrenzen und doch klar wiedererkennbar ist. The soil bleeds black und insbesondere Gae Bolg haben es mir in diesem Segment sehr angetan und Kinit Her begeistern mich auf ähnliche Weise. Ähnlich einer wilden Hatz durch eine längst vergangene oder auch nur eingebildete Zeit ist die Musik vor allem nicht langweilig. Oder bequem. Kinit her beginnen mit einem mitreißenden Folk Track, der durch den Gesang nicht ganz schmeicheln möchte und auch auf einem der älteren Sol Invictus Alben ein Hinhorcher gewesen wäre. Dann wird die Handbremse bei „How the game appears“ gezogen, ein lamentierender Gesang und träge Melodie wirken fiebertraumartig und das sich anschließende „Tears of gold“ beginnt ganz ähnlich, nur um sich abrupt in eine sanfte Ballade zu wandeln mit angenehmen weiblichen Gastgesang. Ich muss dabei an die Folkelemente bei Faith and the muse denken und fühle mich sofort wohl. Doch dann wird es wieder lebendiger, „Blood blood blood“ klingt wie die Hymne der Bauernmeute, die sich nun endlich nimmt, was ihnen zusteht. Alles wirkt stimmig, mittelalterlich, wäre da nicht die wie eine Radioansage wirkende Aufnahme von Sprechgesang, der das Lied unterbricht. Ähnlich der Werke Gae Bolgs sind Kinit Her nicht verlegen, Hörende zu irritieren und vermeintlich nicht zusammenpassende Elemente zu verknüpfen. Das macht vor allem dann Spaß, wenn man in dieser zunächst irritierenden Kakophonie die Verbindung aller Elemente heraushört und erkennt, was für schöne und harmonische Stücke auf dem Album schlummern.

Mir gefällt insbesondere der leicht schwülstige Gesang, der wieder Brücken zu Gae Bolg, ein wenig aber auch zu Empyrium schlägt. Außerdem sind dann und wann Momente enthalten, die mir vorkommen wie Aufnahmen aus alten Sopor Aeternus Zeiten. 40 Minuten voller Abwechslung und Eigentümlichkeit, der Soundtrack zu einem psychedelischen Trip, der verloren geglaubte Soundtrack zum Wicker Man Original aus den 70ern. Kinit Her werden sicherlich die wenigsten ansprechen, sollten aber beachtet werden, denn das hier gehörte kann ungemein Freude bereiten und ich bin froh über diese Begegnung.


Kinit her – The nature out there

15.12.2023 / Prophecy Productions


https://kinither.bandcamp.com/album/the-nature-out-there


01. The Nature Out There
02. How the Game Appears
03. Tears of Gold
04. Blood Blood Blood (Wormsblood cover)
05. On the Bridge of Dreams
06. Without Ending
07. Turn For the Better
08. Death Is a Marriage
09. The Mask of Life Breaks
10. Blind Calf (To Offer)