Die Hand ist voll bei Jäger 90 – Album Nummer 5 tuckert in meinem Player vor sich hin und "Fleisch macht [nicht nur] böse" sondern auch müde. Denn der Wechsel der beiden Rostocker von der urigen EBM Schmiede Electric Tremor Dessau zum etwas größeren Vertrieb Out of line ist wohl das bemerkenswerteste an diesem Album, das ansonsten eigentlich vor allem traurig macht. Denn aus der herrlichen Mischung von Standartsequenzen und humorvollen Minimaltexten ist eigentlich nur noch das stete Wiederholen der Standartsequenzen geblieben. Bis zur ersten offiziellen Veröffentlichung war noch alles in Butter. Die beiden selbstproduzierten Alben und eben "Muskeln und Küsse" waren keine bahnbrechenden Werke für die Entwicklung des EBM, viel zu sehr hatte sich Bandkopf Thoralf den großen Vorbildern DAF, Nitzer EBB und Konsorten verschrieben. Aber es war die peppige Machart, die zurückhaltende Aggressivität und vor allem der angenehme Humor, der in den Minimaltexten mitschwang – mit diesem Gesamtpaket hoben sich Jäger 90 wunderbar ab. Aber gerade wenn man ihren bisher größten Erfolg "Stiefelblitz" noch im Ohr hat wirkt das Album "Fleisch macht böse" fast auf gesamter Länge fad. Meist mit angezogener Handbremse schleppen sich die Sequenzen von Song zu Song und die Tracks können textlich null emotionale Regung erzeugen (bis auf eine rühmliche Ausnahme fast am Ende des Albums). Während man den Opener "Stärker als du meinst" direkt mit den letzten Klängen vergessen hat kann Nummer 2 "Beim ersten Mal tat's nicht weh" mit einer peppigen Melodie punkten, allein der Versuch, den Spechgesang um etwas Melodiösität zu bemühen geht und klingt schief. "Ich schwitze" ist der zweite nennenswerte Song des Albums.... immerhin ganz nett und tanzbar. Dann kommt erstmal nur fades Geblubber, das nur so am Hörer vorbeizieht und zum Teil auch richtig nervt: "Ein Sägefisch" ist versucht mit schrägem Anti-Humor und Melodie an DAFs "Der Räuber und der Prinz" zu erinnern. Aber wenn schon das Orginal hart an der Nerv-Kante vorbeischrammte, dann .... Dann endlich Lied Nummer 9: "Ein neuer Tanz" bietet mehr als eine eindimensionale EBM-Melodie, die Gesangslinie zeigt auch die dringend benötigte Abwechslung und der Text ist zwar nicht humorvoll aber perfekt für bewegungshungriges Clubfolk. Ein wirklich gelungener Song, den man hoffentlich öfters "betanzen" darf. Danach ist eigentlich auch schon wieder Schluss, die beiden folgenden Songs kann man getrost in die Tonne kloppen. Wenig bis kein Humor mehr spürbar, der gewollte StandartEBM, der auch für sich vollkommen ok ist wenn auch leider zu oft nur schleppend und lahm und diese langweiligen, stumpfen und oft lieblosen Texten, das sind für mich nicht mehr die Jäger 90, die ich bis 2008 so gerne mochte. Und 2 nette Songs und nur ein (wenn auch sehr) guter....? Das ist nun wirklich zu wenig um den Sympathiebonus anzuwenden.