Der umtriebige Komponist und Musiker Erdem Helvacioğlu ist dafür bekannt, dass er immer wieder neue Dimensionen im Bereich der Klangerzeugung und -verfremdung auslotet und dabei stets ungewöhnliche Wege beschreitet. Auf „Resonating Universes“ kreiert er einen Klangkosmos, in dem die Harfe einen besonderen Stellenwert einnimmt, insbesondere die klassische Konzertharfe, die E-Harfe (Elektrische Harfe) und die Çeng, eine türkische Harfe, deren Geschichte bis ins Osmanische Reich zurückreicht. Durch den zusätzlichen Einsatz von Soundsamples sowie teilweise live eingespielten elektronischen Klängen entstehen „resonating universes“. Das kompositorische Vorgehen dabei ist ungewöhnlich: In Zusammenarbeit mit der Harfenspielerin Şirin Pancaroğlu nahm Helvacioğlu zuerst zahlreiche Samples von einzeln gespielten Noten der Konzertharfe auf sowie eine Vielzahl an Klängen rund um das Harfenspiel. Von der Çeng und der E-Harfe produzierte er entsprechende Aufnahmen. Zusammen mit Pancaroğlu spielte er während der Aufnahmen sogar vierhändig (!) an der Harfe, was ihm und der Harfenspielerin gleichermaßen einen ganz neuen Einblick in den Klangerzeugungsprozess gab und entsprechende Inspiration lieferte. Im Mittelpunkt der Arbeit mit all diesen Aufnahmen steht das Experimentieren und die Klangverfremdung, die zu einem beachtlichen Werk anwuchsen, das Helvacioğlu auf seiner CD in acht Teilen präsentiert, die in ihren unterschiedlichen Längen akribisch daraufhin ausgerichtet sind, wie lange die Vielfalt an Klängen und Geräuschen jeweils benötigt, um sich zu entwickeln und entfalten. Die Spieldauer variiert zwischen kurzen, intermezzo-artigen Stücken mit drei bis vier Minuten Länge und Epen mit bis zu 15-minütigem Umfang. Auf „Resonating Universes“ begegnet dem Hörer eine Vielzahl an musikalischen Stilen, die geschickt miteinander verschmelzen, trägt aber über weite Strecken eher soundtrackartige Züge. Durch die überbordende Vielfalt an Tönen, Klängen, Geräuschen und Effekten entstehen neue, nicht vorhersehbare Dimensionen, flüchtig und doch bleibend, da hier nicht eine Vielzahl von Instrumenten „konkurriert“, sondern einzig und allein das Instrument der Harfe ein überwältigendes Klangspektrum präsentiert: mal warm, schmeichelnd und „lentement“, mal unterkühlt, gefährlich, bedrohlich, stakkatorartig, mal harmonisch, mal atonal wirken die Stücke auf den Hörer ein – niemals fertig, immer im Prozess der Wandlung. Es benötigt ein offenes Ohr, Aufgeschlossenheit sowie genügend Ruhe und Muße, „Resonating Universes“ auf sich wirken zu lassen und die Klangwelt für sich selbst zu erschließen. Ein außergewöhnliches Experiment, zu dem sicherlich nicht jeder einen Zugang findet.