In den schon fast philosophischen Diskussionen um die veränderte Wahrnehmung von Musik durch die digitalen Medien, wird nicht selten auch die Frage nach der Halbwertszeit der Künstlerinnen und Künstler behandelt. Der Instant-Ruhm diverser Barden und Chanteusen aus unsäglichen Castingsendungen verpufft mittlerweile fast schon zeitgleich mit dem Ende der letzten Folge einer Staffel. Ein Aspekt ist sicherlich die Tatsache, dass Plattenfirmen sich und ihren Schützlingen nicht mehr die Zeit geben, gemeinsam zu wachsen. Früher setzten Labels mehrere Hebel in Bewegung, um den Act, von dem sie überzeugt waren, groß zu machen; die Geduldspanne konnte dabei schon mal mehrere Jahre betragen - heutzutage unmöglich.

Um wieviel erfreulicher ist es daher zu sehen, dass es Musikerinnen und Musiker gibt, die sich nicht dem Diktat der unbarmherzigen Schnelllebigkeit unterordnen und in ihrem eigenen Tempo eine solide Karriere auf die Beine stellen wollen. Janosch Moldau gehört zu diesen Musterbeispielen an Beharrlichkeit und Ausdauer. Als 2005 sein erstes Album "Redeemer" erschien, reagierten nur wenige auf den ruhigen Synth-Pop mit Post-Punk-Tristesse. Aber bereits "Motel Songs" (2008) und "Love Star" (2012) zeigten ganz deutlich eine Konkretisierung des janosch'schen Klangkosmos, der sich nicht (damals) gängigen Future-Pop-Manierismen unterwerfen wollte, sondern beharrlich einen Sound verfolgte, der den Menschen nicht nur bei den Beinen, sondern auch beim Herzen packen soll. Die gefühlvolle, wehmütige Stimme des Neu-Ulmers war schon damals sein größter Trumpf und wurde mit den Jahren immer ausgereifter und auch enigmatischer.

Mit der neuen EP "Aid And Abet" arbeitet sich Janosch Moldau durch eine unikate Klanglandschaft, in der sich klobige Beats mit seinem lamentierenden Gesang (dem sogar der eigentlich so viel gehasste Autotune-Effekt nichts anhaben kann) und flirrenden Synthie-Spielereien vereinen. So geschehen bei "This Is My Show", welches exemplarisch für den weiteren Lauf der Mini-Platte sein soll. Denn der Mann hat im Laufe seiner fast 20 Jahren langen Karriere wieder auf sein Herz gehört und sich einmal mehr drangemacht, Klänge zu finden, die eine Besonderheitin sich tragen. Einen Widerhaken, an denen man die Sounds festmachen kann. Gleichzeitig werden diese in einzigaritg anheimelnde Melodien gepackt, die mit Janoschs Gesang um die Gunst der Wähler buhlen. Das Ergebnis dieses Wettbewerbs endet in der Regel und erfreulicherweise unentschieden.

Janosch Moldau ist mit dieser nur sechs Stück langen Veröffentlichung ein großer Coup geglückt. Man darf sogar soweit gehen zu sagen, dass "Aid And Abet" all diejenigen abholen wird, die sich mit Depeche Modes neuestem Album "Memento Mori" wenig bis gar nicht anfreunden konnten. Das bedeutet nicht, dass Janosch Moldau mit seiner EP auf Gore-Gahan-Pfaden wandelt. Der Mann besitzt schon seit Anbeginn eine eigene musikalische Handschrift, die er aber mit den Jahren immer weiter verfeinern konnte und der er mit jeder Veröffentlichung neue Besonderheiten hinzufügte. Mittlerweile gilt er als Meister des Überkreuzens rauher und knorriger Passagen mit transzendenten Momenten mit hoher Eingängigkeit - wie es eben die Herren aus Basildon weiland so gut beherrschten.

Stücke wie "We Behave Wrong", "Brothers And Sisters" oder "Karma" belegen, dass Janosch Moldau in Sachen Progression im Synthie-Pop mittlerweile einer der treibenden Motoren geworden ist und damit einen Großteil diverser Altherrenelektroniker, die mittlerweile nur noch an ihrer eigenen Musealisierung basteln, hinter sich lässt. Die Songs besitzen eine schwer greifbare, extrem künstlerische Atmosphäre, die aber mehr noch als früher zum Tanzen einlädt. Kein Wunder, dass er von namhaften Acts wie Nitzer Ebb oder Mesh als Supportact gebucht wurde. Dieses Jahr wird er bei der Europatournee von Front Line Assembly im Vorprogramm auftreten. Und es würde mit dem Beelzebub zugehen, würden das Publikum nicht von den wunderbaren Stücken von "Aid And Abet" gefangen genommen werden. Denn seine Livequalitäten, das ist schon seit seinen Anfängen von vor über 15 Jahren verbrieft, sind unbestritten.

2023 soll, ja muss, ein gutes Jahr für Janosch Moldau werden. Damit das klappt, liegt es an den Hörern, die den Titel der EP wörtlich nehmen sollten: "Aid And Abet" - "Beihilfe leisten", damit Janosch als leuchtendes Beispiel einer stetig erfolgreicher werdenden Musikkarriere fungieren kann.