Ein Blick ins Archiv vom Medienkonverter liefert Erhellendes. Denn bereits 2006 wurde Codename Sugar, das Soloprojekt des Musikers Harald Schoger, mit einer wohlwollenden Rezension zu seinem Album "Electroshlager" bedacht. Dank des nicht vergessenden Internets kann man besprochene Langrille immer noch anhören und danach dem damaligen Rezensenten Florian nur beipflichten: "Harald weiß, wie er mit seinen Synthies umzugehen hat, um des Hörers Ohren zu schmeicheln", so sein Fazit.

Um so erstaunlicher, dass mit "A Multiverse Of You" diese Selbstverständlichkeit im Umgang mit der Elektronik scheinbar flöten gegangen ist. Codename Sugar will auf diesem Album offensichtlich zu viel und scheitert dabei ein ums andere Mal krachend. Die Probleme an diesem Album sind leider vielfältig. Doch wo beginnen?

Vielleicht erst einmal mit der Musik; da liegt das Hauptproblem. Denn die Platte kann sich nicht entscheiden, ob es Synthie-, Indie- oder Future-Pop sein will. An sich ist eine stilistische Vielfalt zu befürworten, doch will man sich auf dieses Terrain des Genrehoppings begeben, muss ein nachvollziehbarer roter Faden vorhanden sein. Dieser fehlt bei "A Multiverse Of You" leider völlig. So eröffnet "Perfect To Me" mit an sich ansprechenden Akustikgitarren, um zum Schluss Synthie-Arpeggios in die Komposition reinzuballern, die scheinbar aus der Luft gegriffen wurden und dem vorangegangenen mehr im Weg stehen, als dass sie sich harmonisch einfügen. "Goodnight Lover" hingegen wildert im verträumten Synthie-Pop von China Crisis, "Club Queen" reibt sich an der Dekadenz von Bowies "Fame" auf. Beide Songs sind aber von der musikalischen Qualität der zuvor genannten Band, respektive des Musikers, sehr weit entfernt. "Don't Say A Word" schließlich wirkt so, als hat man die musikalischen Reste von Solitary Experiments zusammengefegt, aufgeklaubt und versucht, daraus etwas halbwegs Genießbares zu zaubern.

Kurzum: Die Nummern sind in ihren Ausführungen nicht zu Ende gedacht und wirken teilweise noch wie im Zustand einer Demoversion. Das artet bei "Shame On You (Here's The Revolution)" zum regelrechten Ärgernis aus. Denn die Idee hinter dem Song, der eine Replik zu Depeche Modes "Where's The Revolution"  zu sein scheint und gegen korrupte Politik, die bereits jetzt die nachfolgenden Generationen ihrer Zukunft beraubt, wettert, scheitert an inspirationslosen Melodien und einem ziemlich wirren Samplesalat aus O-Tönen verschiedener Demonstrationen am Ende des Stücks. Hier hat Schoger mehrere Möglichkeiten liegen gelassen, diesen Song zu einem richtigen Monster werden zu lassen. Der Shuffle-Beat ist als Grundlage optimal, doch der Rest wirkt ziemlich zahnlos für einen Revolutions-Song.

Dafür hätte auch sein Gesang eine andere, eine wütendere Färbung annehmen müssen. Doch schnell wird bei "A Multiverse Of You" deutlich, dass Harald nicht zu den begnadedsten Barden gehört. Seine Fähigkeiten sind limitiert und oftmals schrammt er an den Tönen vorbei. An sich kein Problem, im Kontext eines klaren Synth-Pop jedoch ist eine stimmliche Festigkeit einfach Voraussetzung, um mit den Kompositionen zu korrelieren und als Einheit zu verschmelzen. Wenigstens halbwegs erinnerungswürdig schließt "Not Enough" die Platte ab. Die Melodien gehen gut ins Ohr, auch wenn der Rhythmus etwas uninspiriert vor sich hinballert und die ständig gleichen Drumfills einem am Ende auf die Eier gehen. Darüber lässt sich hinwegsehen.

Zu lange, stilistisch umherirrende Songs, die flach produziert und suboptimal eingesungen wurden. Es sind einfach zu viele Unzulänglichkeiten, die sich auf dem aktuellen Album von Codename Sugar eingeschlichen haben. So viele Augen kann man gar nicht mehr zudrücken, um "A Multiverse Of You" positiv zu besprechen. Um mit einem legendären Schülerzeugnissatz abzuschließen: Codename Sugar war stets bemüht.