Der Herr Jühning ist schon einer. Nicht nur, dass er sich einen Platz in den honoren Reihen des Galkthorrö-Labels ergattern konnte, er tritt auch noch gekonnt in die übergroßen Fußstapfen des Königspaares bestehend aus Mrs. und Mr. Arafna. Genau genommen hat sich das Arafna-Duo mit Herz Jühning den vollkommenen Zögling aus Sachsen einfliegen lassen. Oder aber, man hat sich den Feind ins eigene Lager geholt, der nun beständig am hohen Galakthorrö-Thron sägt. Das wird sich noch rausstellen, denn Herz Jühning fabriziert nicht nur den heftigen Industrial-Noise à la Haus Arafna, sondern auch den unterkühlten Angst-Pop von November Növelet. Dieser galakthorröische Tausendsassa veröffentlicht dieser Tage sein erstes Album "Miasma". Ganz im misanthropischen Sinne der Braunschweiger Zieheltern eröffnet uns Herz Jühning einen schauderhaften Reigen menschlicher Abscheulichkeiten und Abgründe. Von Muskelkrämpfen im Rücken, bei denen sich der gesamte Körper verbiegt bis zur brutalen Beschneidung des weiblichen Geschlechts darf man sich durch die menschlichen Untiefen wühlen, mal knietief im Blut watend, mal auf einem metaphysischen Blitz in luftiger Höhe reitend. Was verdient diese Zurschaustellung menschlichen Versagens mehr als von elektrischen Stromstößen malträtiert zu werden? Hier schlägt die große Stunde des Kay Jühning. Wie bei einem direkten Nachfahren von Nikola Tesla brummt und rauscht es ordentlich durch die Leitung. Dabei bewegt Herz Jühning sich zwischen Haus Arafna und November Növelet und streift auch beide Extreme. Der Titelsong "Miasma" etwa gehört mit seinen halb geschrieenen und schön verzerrten Vocals sowie dem oszillierenden Brummen ganz klar in die Haus-Arafna-Ecke. Das folgende "Can't Be" vergräbt sich in Angst-Pop-typischen Spielereien wie einer einfachen, leicht leiernden Melodie. Hier standen November Növelet Pate. Die Spannweite zwischen diesen beiden Polen ist freilich groß und Herz Jühning nutzt sie vortrefflich aus. Bei "Messiah" vibrieren die Boxen geradezu, der Song drängt mit seinem Bass nach vorn. "Defense Reaction" könnte schon fast als Wave à la Joy Division durchgehen und klingt ungewohnt melodisch. "Miasma" ist ein herrliches Album, voll Aggressivität, Atrozitäten und dunkler Schönheit inklusive einem tollen Coverartwork. Einziges Minuspünktchen, sofern man das überhaupt als solches bezeichnen kann, ist die starke musikalische Nähe zu den Labelgründern. Aber genau das wollen wir doch, oder?