Helgi Jonsson fährt mit seinem neuen Album ‚For The Rest Of My Childhood’ groß auf. Ohne Bombast, ohne viel Elektronik verlaufen seine Songs wie die herbstlichen Farben auf dem Cover des schicken Digipaks. Zwar lassen Songs, Artwork und Stimme durch Vergleiche mit landsmännischen Produkten seine isländische Herkunft recht sicher erahnen, die Vorbilder scheinen sich aber durchweg vielschichtiger im Kopf des Songwriters festgesetzt zu haben. Sofort kommen einem Gedanken an das Werk einer Oxforder Vorzeigeband in den Sinn, dann wieder die Zerbrechlichkeit der Klanggebilde eines Maxi Heckers, nur eben doch wieder ganz anders. Mit Sigur Ros war Jonsson bereits als Tourmusiker unterwegs, was der dichten Gesamtatmosphäre der Kompositionen gut tut. Und auch wenn er teilweise laut wird kommt es nie zum selbstzerstörerischen Finale, das für viele Songs der isländischen Arbeitgeber so typisch ist. Viel mehr hat man das Gefühl, als ob Jonsson seinen Mitbewohnern einen versöhnlichen Funken im allzu grauen Alltag der baumlosen Insel geben wolle. Das spiegelt auch der Junge mit der Wunderkerze auf dem Booklet wieder, die orange-gelb einen bewussten Farbklecks vor das graue Aquarell der Trostlosigkeit setzt. Verdient souverän werden die zehn Songs mit Akustikgitarre, Klavier und Spieluhrklängen mit Thom Yorke entliehener Kopfstimme präsentiert und auch die Brass-Elemente in ‚This Solicitude’ wirken avangardistisch-stimmig und nicht altbacken und abgedroschen. Dabei bleibt Jonsson immer so nah am Pop, dass nie die Sperrigkeit aufkommt bei der 2+2 auf einmal 5 ist. Schöner Pop mit winterlicher Note, der einlädt mal etwas genauer als sonst hinzuhören um sich von Streichern und geschmeidiger Gesamtnote jenseits der europäischen Standards einfangen zu lassen.