Es ist schier unglaublich, was Hecq allein in den ersten drei Songs seines neuen Albums "Avenger" für Ideen verarbeitet. Das haben andere nicht einmal auf einem kompletten Album. Sowas gehört verboten! Wo kommen wir denn da hin, wenn jeder dahergelaufene Sounddesigner aus Berlin meinte, er könne anspruchsvolle und trotzdem gute Musik fabrizieren und das dann auch noch wirklich tut? Da verliert der Rest der ohnehin gebeutelten Musikerkollegen doch den Glauben an die Welt! Ben Lukas Boysen tut es trotzdem, ohne Scham und das zu Recht. Sein neues Album handelt von den Rächern, einer Truppe von Superhelden, die gegen die wirklich fiesen Bösewichter kämpft. Eigentlich gehört Hecq spätestens mit diesem Album auch zu diesen Rächern, zur Special Force der elektronischen Musik. Wer sich "Avenger" anhört, wird wissen warum. Dub und Breakbeats mögen die Zutaten zu "Avenger" sein, Hecq verarbeitet sie jedoch zu einem lebenden Etwas, einer pulsierenden Kraft, die Tempowechsel, Pausen mitten im Song oder extrem tiefer Bass vollkommen gelassen hinnimmt. Eines der Geheimnisse von "Avanger" ist die Kombination von Dunkelheit und Dynamik. Beide Eigenschaften kämpfen nicht gegeneinander, sondern vereinen sich zu etwas Massivem, Scharftkantigem und Emotionalen. Die Orgel- bzw. Synthieklänge mitten in "Bane" oder die auf House getrimmten, im Takt schlagenden Klaviertöne in "Pulverized" sind Beispiele dafür. Ohne auf die Anzeige zu schauen, kann man sich nie sicher sein, ob gerade ein neuer Song angefangen hat oder nicht. Unterbrechungen sowie Stil- und Stimmungswechsel oder Sprachsamples verwandeln die Songs ständig, selbst vor dem Einsatz einer Gitarre wird nicht zurückgeschreckt. Eine Melodie bzw. ein Thema zieht sich immer wieder durch die Songs des Albums, zumindest glaubt man das, was die Orientierung natürlich etwas erschwert. Aber Orientierung ist diesem Fall nicht notwendig, vielmehr das Genießen solch einfach unglaublicher Kreativität. Und als ob das noch nicht genug wäre, sind auch noch fünf Remixe von Septic Insurgent, Trifonic, Architect, Anxst Remix und Deadfader auf dem Album. Diese Künstler machen ihre Arbeit ganz ordentlich, trauen sich mal mehr, mal weniger weit weg vom jeweiligen Original. So interessant diese fünf Versionen sind, wirklich nötig hätte sie das Album nicht gehabt. Das bestreitet Hecq schon im bravurösen Alleingang. Ben Lukas Boysen legt damit die Messlatte für seine eigenen Songs, aber auch für die zukünftigen Songs anderer Künstler in Sachen Dub, Breakbeat und IDM ganz weit nach oben.