Wie das Kind, das ungeduldig auf die Bescherung wartet, harrte ich die Tage am Fenster mit Blick auf die Strasse, denn nicht der Weihnachtsmann, nein, der Briefträger sollte mir ein Geschenk machen: Galakthorrö hatten mir per Mail ein neues Album angekündig und so umkreiste ich den Briefkasten, wie eine Wespe die Süßwarenauslage beim örtlichen Bäcker. [Haus Arafna] melden sich zurück und ich bestätige: Arafna Cultura Forever!

Ich stehe auf dieses Projekt und auf den klanglichen und optischen Kosmos des hauseigenen Labels Galakthorrö. Es ist ein Genuss, die Homepage zu besuchen, zu durchstöbern und schließlich das Album per Mail anzufordern. Hier gibt es keine modernen Verkaufsmasken, keinen Warenkorb, fast wünschte ich mir, man hätte die Bestellung per Telegramm aufgeben müssen. Als der Briefträger dann endlich mit 44 Minuten 'Asche' um die Ecke bog, war es um mich geschehen: "mehr Angst, weniger Pop" haben mir Mr. und Mrs. Arafna versprochen und sie haben Wort gehalten. Denn das Duo, das auf den ersten beiden Alben das Fürchten lehrte, begann auf den folgenden 'Butterfly' und ganz besonders 2010 auf 'You', sich im Klang und Wirkung an das eigentliche Seitenprojekt November Növelet anzunähern und zuletzt mehr nach Angst Pop zu klingen. Monoton, beunruhigend, aber weitaus weniger aggressiv und hoffnungslos, mehr (alp)traumgleich und fast schon sanft. Für mich war dieser Weg nie der gewünschte, denn für diesen Sound gab es ja November Növelet selbst und die fantastischen Alben dieses Projektes. [Haus Arafna] gaben mir etwas anderes. Die Klangcollagen auf 'New York Rhapsody', die als musikalische Untermalung für eine Show der Modedesignerin Katie Gallagher auf der New York Fashion Week entstanden, waren dann eine wohlige Mischung aus Ambient und alter Düsternis. Und Album Nummer 6? 12 finstere Titel. Ganz klar [Haus Arafna], ganz klar kein Schritt zurück sondern eine Weiterentwicklung: Gekonnt gelingt es den beiden Künstlern, düstere, kalte Musik zu schaffen, die dennoch berührt. Anders als die Mehrheit der Projekte, die mit ähnlichen Mitteln Krach in die Häuser der Fans und auf die Tanzflächen ballern, haben Mr. und Mrs. Arafna immer Melodien im Lärm versteckt und diesen gerade genug Raum geboten, dass die meisten ihrer Lieder wiedererkennbar waren und ihnen eine Fragilität innewohnte, die dennoch keine leichte Kost darstellte. Der aggressive Unterton, die Trostlosigkeit, es geschieht nicht, um zu schocken sondern fährt langsam in die Haut und lässt die Temperatur um den Hörer herum sinken. 'Asche' wirkt ungemein kompakt, wie ein höllischer Trip durch finstere Flure und ich lausche gebannt von der ersten bis zur letzten Minute, nur um dann erneut auf Play zu drücken. Das bereits mit Video vorveröffentlichte "Kreise um das nichts" und die monotone Walze "Sieh mich an" sind vielleicht am nächsten dran an vergangene Abrissbirnen wie "Last dream of Jesus", "Golgatha in flames" oder "I kill to survive", meist geht es weniger gewaltvoll aber nicht beruhigender zu und ich kann fast jeden Song zum Reinhören empfehlen, obschon die letzten beiden Titel mich nicht ganz so hinabziehen in den Höllenschlund, wie der Rest.

Es ist ein Pflichtkauf, für Fans sowieso, und auch ein guter Ausgangspunkt zum Kennenlernen von [Haus Arafna], November Növelet und den sehr homogenen Klangkosmos der Bands, die bei Galakthorrö unter Vertrag stehen. Eine ganz eigene Welt, abgefahren, abschreckend aber schön und vor allem nie plump. Ein Highlight des ausklingenden Sommers, der ja weltweit recht viel 'Asche' hinterlassen wird.

 

[Haus Arafna]

Asche
 

26.08.2020

Galakthorrö

 

https://galakthorroe.de/

 

01. Leiden an deiner statt
02. Feierhalle
03. Kreise um das nichts
04. Asche
05. Toter Mensch
06. Keine Tränen
07. Sieh mich an
08. Deine Liebe
09. Erwache in Angst
10. Sieh mich nicht an
11. Eroberung der Einsamkeit
12. Ausbluten