Die Flutwacht hat erneut zugeschlagen und lässt uns wissen, dass sie diesmal „mit nichts“ daherkommt – ein Titel, der an Minimalismus und Selbstironie kaum zu übertreffen ist. Warum dieses Werk erst so spät seinen Weg zu mir gefunden hat, kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Schließlich datiert das offizielle Erscheinungsdatum bereits auf den November des vergangenen Jahres 2009. Doch Schwamm drüber – gute Dinge brauchen bekanntlich Zeit, und gerade bei Flutwacht darf man sicher sein, dass derartige Wartezeiten durch Qualität und Hingabe mehr als wettgemacht werden.
Wie gewohnt, präsentiert sich das Album in einem ästhetisch ansprechenden und ebenso minimalistischen Digipack. Dieses wurde, ganz im Stil des Projekts, liebevoll und von Hand in der Licht-und-Stahl-Schmiede gefertigt. Ein echter Hingucker, der den rohen Charakter der Musik perfekt widerspiegelt. Innen verbergen sich acht Klanglandschaften, die in typischer Flutwacht-Manier gestaltet sind. Für Kenner und Liebhaber des Projekts oder vergleichbarer Noise-Wall-Künstler bietet „mit nichts“ ein vertrautes, aber dennoch gelungenes Hörerlebnis.
Doch Vorsicht: Wer ein zartes Nervenkostüm oder einen Hang zu eingängigen Melodien hat, könnte mit diesem Werk eine Herausforderung erleben. Jedes der Stücke basiert auf einem durchdringenden Grundrauschen, das in Lautstärke und Intensität variiert. Hinzu gesellen sich diverse Geräusche und Samples, die dem Ganzen eine eigenwillige Struktur verleihen – oder eben bewusst das Gegenteil davon. Es handelt sich hier um reinen Noise-Ambient, der keinerlei Ambitionen zeigt, klassische Musik zu schaffen. Doch genau das macht den Reiz aus: Bei Flutwacht ist der Lärm nie beliebig, sondern scheint stets einem unsichtbaren Konzept zu folgen. Natürlich handelt es sich hierbei nicht um eine Platte, die man entspannt zum Feierabendbier genießen kann. Dafür ist die Intensität zu hoch, der Druck zu direkt, die Atmosphäre zu überwältigend. Die Limitierung auf nur 60 Exemplare erscheint daher nicht nur passend, sondern nahezu selbstverständlich – dieses Werk richtet sich an eine spezielle, eingefleischte Hörerschaft.
Am Ende bleibt „mit nichts“ eine weitere faszinierende Bereicherung im ohnehin schon beeindruckenden Katalog von Flutwacht. Es ist eine Hommage an die rohe, ungezähmte Ästhetik des Noise und zugleich ein Statement, das die Grenzen von Musik und Klangkunst auslotet. Für Fans unverzichtbar, für Neulinge eine lohnenswerte Herausforderung.