Wicked King Wicker besteht aus den, in New York ansässigen, US-Amerikanern Jim Gibson und Logan Butler, welche seit 2007 ihre apokalyptische Kreuzung aus Doom Metal, Drone und Noise offiziell auf kommerziell erwerblichen Tonträgern preisgeben. Das vorliegende Album "God Is Busy... Save Yourself" wird von dem englischen Label "Cold Spring Records" vertrieben, welches im Bereich experimenteller Musik nicht unbekannt sein dürfte und in seiner langjährigen Laufbahn u.a. auch Material von Merzbow, Laibach, Z'EV, Von Thronstahl oder von einem der Milliarden Projekte des Herrn Henrik Nordvargr Björkk vertrieben hat. Ein gewisses Geschick im Erkennen subkulturellen Potentials sollte demnach evident sein. Laut WKW war ihr Album, zumindest noch in den ersten 2 Monaten nach Veröffentlichung, das sich am besten verkaufende Produkt des Labels, was aber ohne konkrete Zahlen und Vergleichsbasis nicht viel heissen muss. Ich gehe trotzdem einmal davon aus, dass es als positives Feedback aus der damit angesprochenen Community gewertet werden und sich das Album scheinbar gegenüber anderen Releases aus diesem Zeitraum (sowie einem eindrucksvollen Label-Katalog) behaupten kann. Die CD enthält zwar nur 3 Lieder, aber wie bei einer Bezeichnung wie "Drone Doom" zu erwarten, entspricht die Länge der Titel nicht dem 3-4 Minuten-Standard für optimale Radio-Rezeption, sondern schlagen mit jeweils ca. 18 Minuten zu Buche. Damit laden sie zu ausgedehnter Meditation der anderen Art ein. Auf Beats wird gänzlich verzichtet, und der Hörer ist aufgefordert, sich selbst irgendwelche Strukturen aus dem einschlagenden Klangsturm zu generieren. Der WKW-Sound wird zwar als "heaviest, most brutal doom imaginable" angekündigt, doch handelt es sich hier nicht um drone-triefenden Doom Metal, wie ihn z.B. Sunn O))) präsentieren, d.h. es wird nicht nur mit Gitarren-Feedback gearbeitet. Die langanhaltenden, tiefen Gitarrenakkorde liefern den Bass und der obere Frequenzbereich wird von einem stark verzerrten, verstörenden Geräuschkosmos abgedeckt, der hauptsächlich aus undifferenzierbarem Rauschen besteht. In "Those Who Bear Responsibility" gibt es dazu gelegentlich noch fiependes Mikro-Feedback zu hören oder Growls, die sich aber kaum behaupten können und schnell wieder im Noise verschwinden. Das Rauschen wird stellenweise so modifiziert, dass es an das Geräusch von peitschendem Wind erinnert. Irgendwann meine ich auch Schreie wahrzunehmen und frage mich, wie lange die schon zu hören sind, bevor sie wieder untergehen. "Call My Name Sweet Demon, So I Know I Am Not Alone" fängt "ruhiger" an, d.h. während man beim Track zuvor nach einer Minute schon meint die Hauskatze erschlagen zu müssen (natürlich nur um ihr die Qualen zu ersparen), werden einem hier zunächst periodisch kurze Ruhephasen gegönnt, in denen die Verzerrung etwas zurückgenommen wird und diese massive Wand permeabel wird. Daher bekommt man auch die stark verzerrten Akkorde mit, die nun sogar zum ersten Mal als Riff erkennbar werden. Dazu gesellt sich noch sporadisches Schreien, nachwievor ohne das hier Wörter erkennbar werden würden, wobei man auch nicht weiss ob überhaupt welche ausgesprochen werden. Sie vermitteln nur den Eindruck, dass jemand entweder starke Schmerzen hat oder dem Wahnsinn verfällt, oder beides. Was bei diesem Stück schnell auffällt ist das durchgehende Fiepen, das zuvor nur befristet und akzentuiert eingesetzt wurde. Mit der Zeit wird auch das Rauschen wieder langanhaltender. Spätestens jetzt fühle ich mich wie ein Homunculus im Kopf eines Folter-Opfers, dessen Genitalien gerade bearbeitet werden. "So Easily Lead Astray" bietet als einziges Stück eine erkennbare Melodie in Form eines Gitarrenriffs, welches in nahezu rauschfreien Passagen zum Einsatz kommt. Auf das Zuckerbrot folgt dann auch die Peitsche in nun gewohnter Form, d.h. effektreiches Rauschen, Tinnitus-verwandtes Störsignal, und dazu dann eben eine begleitende, kaum greifbare Melodei auf der Klampfe. Zwischendurch meine ich Sirenen zu hören, war das ein Schrei? Der Noise überwiegt meiner Ansicht nach bei den Kompositionen auf dieser Platte. Das wird vor allem bei diesem Lied deutlich, welches es kurzzeitig auf die Spitze treibt und keine Konstante, keine Stabilität, keine Struktur mehr anbietet, die den Hörer vor dem Untergang zu retten vermag. WKW sind auf "God Is Busy... Save Yourself" also laut, brutal und gleichzeitig meditativ. Sobald sich das Gehirn gewöhnt hat an die neue, sagen wir, Geräusch-Situation, eröffnen sich einem manche Details, neue Assoziationen, Sound-Effekte die man vorher nicht identifizieren konnte. Durch die Vocals wird einem, im Gegensatz zu z.B. Merzbow, zumindest ein kleiner Ansatzpunkt für einen emotionalen Zugang gewährt, den ich meistens bei reinem Noise vermisse. Man kann dieses Album jedenfalls nicht in beliebigen Situationen hören, sondern man muss sich Zeit dafür nehmen und ausreichend Ruhe dafür aufbringen können. Besondere Musik für besondere Gelegenheiten. Der Ansatz, Noise und Doom-Elemente zu kombinieren, ist mir in dieser Form zugegebenermassen neu, aber nicht überraschend. Ich sehe eigentlich auch keinen grossen Unterschied zu herkömmlichem Noise, nur das hier eben über Gitarren-Feedback eine entsprechende Bassline und sogar ein wenig Melodie und Struktur angeboten wird (die allerdings nie lange anhalten). Dies ist kein Werk der filigranen Töne und detailverliebten Mikro-Modifikationen. Wenn man Drone oder Doom Metal mag, aber die Verzerrung und Wall Of Sound einem nicht stark genug sind, oder wenn man auf Noise steht und dem Gitarren-Sound nicht abgeneigt ist, dann kann man sich durchaus an dieses Album wagen.