Mein Herz schlägt ja ein wenig höher: ‚Eventide‘ und damit The flight of sleipnirs Album Nummer sieben ist draußen. Bin ich zufrieden? Auf jeden Fall! Bin ich Fanboy? Sicherlich! Bin ich nicht ganz neutral? Sehr wahrscheinlich! Aber es ist nun einmal so, dass mich diese Band und ihr einzigartiger Sound so sehr begeistern – und ja, das schreibe ich voller Überzeugung: Auf diese wundervolle Art und Weise Stoner Rock, Doom Metal, Black / Viking Metal und Folk zu einer stimmigen Mischung zu verbinden, quasi Bathory oder Falkenbach mit einen Joint bewaffnet in die Wüste zu verbannen und bei 60 mp/h gemütlich dahinbrausen zu lassen, machen nur The flight of sleipnir. Und dabei auch künstlerisch eine Liebeserklärung an im Jugendstil gehaltene Stoner Rock Cover mit der Symbolik und Bildgewalt nordischer Mythologie zu verbinden: Es ist perfekt. Klingt es denn im siebten Anlauf auch immer noch gut?

Um darauf zu antworten, muss ich meine alltime-Lieblingsband Summoning zum Vergleich heranziehen: Während man einigen Bands vorwerfen kann, dass jedes ihrer Alben ähnlich klingt, fällt dies bei Summoning schwer. Warum das so ist: Nun, sie bedienen eine Zielgruppe mit einem Sound, den nur Summoning auf diese Weise machen. Das bedeutet, der Käufer wird nicht von hunderten Bands mit dem immergleichen Sound niedergewalzt, das Subgenre ist nicht übersättigt und man ist eigentlich froh, dass Summoning bei ihrem Sound bleiben und nicht zu viel verändern, denn man möchte ja genau von diesem Sound mehr. Sprung zu Flight of sleipnir, gleicher Outcome: Ja, ‚Eventide‘ ist nicht großartig anders als ‚Skadi‘ von 2017. ‚Skadi‘ war auch nicht großartig anders als ‚V‘ aus 2014. Zwischen den ersten vier Alben gab es immer noch mehr Progress. Die vier Amis feilten an ihrem ganz besonderen Sound und perfektionierten ihn mehr und mehr. 2014 hatte man dann optisch und musikalisch ein dermaßen hohes Niveau erreicht, dass weitere Alben auf gleichem Level aber eben nur in Nuancen weiterentwickelt arbeiten. Und wie bei Summoning bin ich dafür sehr dankbar.

Es gibt erneut nicht einen Tiefpunkt auf dem Album, jeder der zwischen 6 und 8 minütigen Brechern rockt. Ich persönlich habe mich am meisten mit dem wuchtigen Opener „Voland“, dem sehr melancholischen „Bathe the stone in blood“ und dem als entspannte Folknummer beginnende „Harvest“ angefreundet. Letzteres treibt nach und nach die Emotionen in die Höhe, um dann zum Ende hin noch einmal mit drückenden Riffs ein Lächeln ins Gesicht drückt. Aber auch die drei anderen Songs sind fern von Durchschnitt. Wer der Sound der Band schätzt, der kommt wieder auf seine Kosten: The flight of sleipnir erscheinen mir immer als Band der 70er, die ihre Instrumente gestimmt haben wie Stoner Roch Bands der frühen 00er um damit Doom Metal zu spielen und infernalisch zu kreischen wie im Black / Viking Metal. Tief gestimmte Gitarren, krautige Soli, behäbiges und effektvolles Drumming, drückende Bassarbeit, angenehmer Clean- oder Chorgesang, bzw. fieses Fauchen – dazu hin und wieder Keyboards und Akustikgitarren, als säße man ganz verträumt am Lagerfeuer im kitschigen Sonnenuntergang. Das Ganze ist wieder perfekt abgemischt und dennoch leicht dumpf klingend, so dass man das Gefühl hat, eher ein älteres Tondokument gefunden zu haben. Sehr geil.

Bei flight of sleipnir muss ich auch noch ein paar Worte zum Artwork verlieren, einfach, weil ich es (fast) genauso gut finde, wie die Musik: ‚Eventide‘ wirkt erst einmal mit der bandeigenen Rune etwas zurückgenommener als die Vorgänger – doch sieht man sich die Gestaltung genau an, so erkennt man viele liebevolle Details und ein wirklich traumschönes Cover. Drummer David Csicsely, der seit Bandgründung für alle bisherigen optischen Vergnügen selbst verantwortlich ist, geht 2021 etwas comichafter vor, etwas naturromantischer, weniger martialische Wikingermotive. Ich empfehle dem interessierten Käufer mit Rücklagen aus nicht stattgefundenen Konzerten definitiv, auch das aktuelle Shirt zu sichten: Das sehr an ‚Oxygene‘ erinnernde Motiv gefällt mir ausgesprochen – ich trage es beim Schreiben dieser Zeilen.

Wann man Stoner Rock oder Doom Metal schätzt, mit gefauchten Vocals klarkommt und die Band bisher nicht gekannt hat, der darf, soll und muss hier reinhören. Wer The flight of sleipnir bereits von den letzten beiden Alben her kennt und mag, der weiß, was ihn erwartet: Mehr von dieser großartigen Band. Ich bin hocherfreut und möchte nun wieder in Ruhe genießen.

 

The flight of sleipnir

Eventide

 

28.05.2021

Eisenwald

 

https://theflightofsleipnir.bandcamp.com/album/eventide

 

01. Voland
02. January
03. Thaw
04. Bathe the stone in blood
05. Harvest
06. Servitude