Mit den Schubladen ist es ja so eine Sache. Auf der einen Seite helfen sie, eine unbekannte Band einzuordnen und damit dem Hörer bei der Vorselektion. Auf der anderen Seite sträuben sich gerade die Musiker selbst in den meisten Fällen dagegen, in eine Schublade gesteckt und damit direkt abgestempelt zu werden. Die Schublade Minimal zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie klein ist und aufgrund des Retro-Faktors auch sympathisch exklusiv. Das ist für viele Bands, Labels und Fans mit Sicherheit kein Problem und vielleicht auch bewusst gewählt, aber für solche Bands, die durchaus die Voraussetzungen haben über die Eingeweihten hinaus auf Interesse zu stoßen, könnte das Label Minimal etwas hinderlich sein. Zu den Bands, die für alle Freunde elektronischer Musik interessant sind, gehören für mich File Not Found. Mit „Impulse“ zeigen Daniel Wunder und Martin Pscherer, was sich mit der zuletzt auf Flohmärkten erstandenen Hardware so anstellen lässt. Und wir Hörer werden eingeladen auf eine Zeitreise inklusive Suche nach Zitaten. Es ist schon eine Freude, wenn eingebaute Sounds oder die Atmosphäre an renommierte Klassiker wie Kraftwerk, frühe Depeche Mode, Ultravox oder OMD erinnern, ohne wie ein lauer Aufguss zu wirken. Ein schönes Beispiel ist „Circuits“. Am Anfang wird spontan der kleine Mann in meinem Kopf wach und ruft „Kenn ich!“. OMD? Bevor er aber ein Urteil fällen kann, nimmt „Circuits“ seine eigene Entwicklung. Das 80iger – Feeling bleibt, aber der Refrain ist eigenständig, was nicht zuletzt an der dezent eingesetzten Gitarre liegt. Kein überragendes Stück Musikgeschichte, aber in der Summe einfach toll. „Bestätigung“ hingegen erinnert mich stark an den polarisierenden Hit „Aktivierung“ von !Bang Elektronika, was nicht nur am deutschen Gesang liegt. Den beiden Überzeugungstätern gelingt es innerhalb der Genre-Grenzen viel zu experimentieren und zu überraschen. Das Rückrad bilden Songs wie „No. 25“ oder das wunderschöne „Out Of Fashion“, die ohne weiteres auf jeder niveauvollen 80iger-Party eingeschoben werden könnten. Dagegen würde das schnelle „Shut Up!“ auch in einen Berliner Szenekeller passen, bei dem sonst Electro zwischen Mediengruppe Telekommander und Warren Suicide läuft. „Don´t Bother Me“ sollte dem gemeinen Electro-Fan ebenfalls nicht vorenthalten werden. Gut gefällt mir zudem, dass die beiden Bayern sich in Ihren Texten mehrfach mit unsere Gesellschaft auseinander setzen und auch auf diese Weise belegen, dass sie mehr zu bieten haben als Retrosounds. Bei aller Begeisterung ist es geradezu beruhigend, dass es auch einzelne Ausreißer nach unten gibt. „Restoring My Mind“ zum Beispiel ist trotz netter Sounds schlicht langweilig. „Impulse“ erscheint auch als Doppelalbum, die dann inkludierte Remix-CD mit Beiträgen von zum Beispiel The Weathermen oder The Rorschach Garden liegt mir leider nicht vor. Da ich kein Minimal-Spezialist bin, fällt es mir schwer zu beurteilen, welche Songs in dieser umtriebigen Szene besonders gut ankommen. Mir gefallen die Songs am Besten, bei denen ich vergesse, welchem Genre „Impulse“ zugerechnet wird. Bald ist ja Weihnachten und damit bietet sich mal wieder die Gelegenheit, mit zusammengestellten CDs den Freundes- und Bekanntenkreis zu missionieren. Bei mir wäre in diesem Fall File Not Found gesetzt und aufgrund dessen ist es auch nicht notwendig, dass ich für das tolle Booklet-Foto mit dem De Lorean Flügeltürer einen Extrapunkt in die Bewertung einfließen lasse. Bleibt mir noch die Empfehlung auszusprechen, dieses Werk über Kopfhörer zu hören, um sich kein Detail entgehen zu lassen.