Festung Nebelburg - Zurück ins Waldland

Festung Nebelburg - Zurück ins...

In den Dörfern rund um Regen sagt man, dass der ‘Woid’ nur selten schweigt. Manche behaupten, sie hätten in den letzten Nächten wieder Schritte gehört – schwere, schleppende, als würde etwas Heimgekehrtes den Boden prüfen. Andere sprechen von Stimmen, die zwischen den Bäumen hängen wie alter Rauch. Wenn ein Album so angekündigt wird, dann kann es nur von einem Projekt stammen: ‘Festung Nebelburg’ ist zurück. Und ‘Zurück Ins Waldland’ klingt wie das Öffnen einer Tür, die eigentlich verschlossen bleiben sollte.

Es gibt Projekte, die so tief mit ihrer Umgebung verwachsen sind, dass sie wirken, als wären sie ein Teil des Bodens selbst. ‘Festung Nebelburg’, 2005 in der niederbayerischen Stadt Regen gegründet, ist eines dieser seltenen Wesen. Was ‘Nattulv’ damals inmitten der Pagan-Metal-Hochphase erschuf, hatte wenig mit den üblichen Erzählungen über nordische Mythen oder historische Schlachten gemein. Stattdessen tauchte er in die Sagen, Fabelwesen und die mystische Natur des Bayerischen Waldes ein – in das, was die Menschen dort schlicht ihren ‘Woid’ nennen. Diese thematische Verwurzelung, verbunden mit einer unkonventionellen musikalischen Handschrift, wurde zum Fundament eines Projekts, das seit zwanzig Jahren seinen eigenen Weg geht.

‘Zurück Ins Waldland’ zeigt nun, wie konsequent und kompromisslos dieser Weg geblieben ist. Das Album klingt nicht wie eine Jubiläumsplatte, sondern eher wie eine rituelle Rückkehr. Die Musik legt sich schwer und roh über den Hörer, wie feuchter Boden nach einer regnerischen Nacht. Die Gitarren schaben, als würden sie an moosbewachsenen Stämmen entlangstreifen, das Schlagzeug wirkt fast archaisch, unpoliert, direkt. Die Vocals – rau, schartig, unverstellt – nutzen keinerlei Glanz oder Studioveredelung, sondern wirken wie Atemzüge in kalter Winterluft: knapp, schneidend, ehrlich. Es ist Musik, die sich verweigert – der Perfektion, der Erwartung, der Szene. ‘Nattulv’ hat nie die klassische Pagan-Metal-Formel bedient, und auch das neue Album bleibt frei von theatralischem Pathos. Statt epischer Heldensagen setzt er weiterhin auf jene unheimlichen Geschichten, die in den Wäldern zwischen Arber, Rachel und Wittersitt schon seit Generationen kursieren. Seine Texte sind keine romantisierenden Naturbesänge, sondern Momentaufnahmen einer Region, in der das Mystische zwar schweigt, aber nie schläft. Genau das verleiht dem Album diese unverwechselbare, düster-wurzelige Atmosphäre.

Dass das Jahr 2025 ein mehrfaches Jubiläum markiert – 20 Jahre Projekt, 15 Jahre seit dem Debüt ‘Gabreta Hyle’, 10 Jahre seit ‘Zwischen Den Jahren’ – verleiht ‘Zurück Ins Waldland’ eine zusätzliche Schwere. Es fühlt sich an wie das Schließen eines Kreises, nicht wie der Beginn eines neuen Kapitels. Das Artwork von The Autumn Arts, der Blick auf den Rachelsee, verstärkt diesen Eindruck: Nicht idyllisch, nicht romantisch, sondern wie ein stiller, tiefziehender Ort, an dem man ungern allein zurückbleibt. Das Bild wirkt weniger wie ein Cover und mehr wie ein Vorzeichen. Wer im Pagan Metal nach orchestraler Größe, glänzender Produktion oder heroischen Hymnen sucht, wird hier kaum Halt finden. ‘Zurück Ins Waldland’ ist für jene Hörer gedacht, die in Musik etwas Ursprüngliches suchen: Erde statt Effekte, Atmosphäre statt Eingängigkeit, Kälte statt Komfort. Für diejenigen, die den Wald nicht nur als Landschaft, sondern als lebendiges, dunkles Gegenüber verstehen.

Und doch liegt genau darin seine Kraft. Wer Lust hat, sich auf diese raue Tiefe einzulassen, wird merken, wie sehr ‘Zurück Ins Waldland’ im Innersten arbeitet. Es ist Album, das man nicht einfach hört. Es ist eines, das sozusagen mitgeht. Und es ist vielleicht auch eines, dem man folgt – hinein in die Schatten, von denen jeder im Bayerischen Wald soviel spricht, aber die keiner wirklich sehen will.

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