Gegen Ende des Jahres gibt es diesen einen magischen Moment: Der Weihnachtsbraten ist verdaut, der Glühwein wirkt nach – und irgendwo auf dem Schreibtisch liegt noch dieser kleine, leicht verknitterte Stapel übrig gebliebener Promos. Man schaut ihn an. Er schaut zurück. Und man weiß: Ja gut, ihr wollt auch noch dieses Jahr besprochen werden. So halt nun auch hier. Zwischen Jahresrückblicken, „Best Of“-Listen und der festen Überzeugung, dass man nächstes Jahr mit den Reviews wirklich früher anfängt, schleicht sich ‘The Product Of Growing Up’ von ‘Fen.’ auf und in den Player. Und siehe da: Aus einem klassischen „Machen wir halt noch schnell“ wird ziemlich flott ein „Moment mal, das ist ja richtig gut“!
‘Fen.’ – hinter diesem Namen steckt Adrian Gibowski, ein Künstler, der offensichtlich keine Lust auf großes Getöse, dicke Parolen oder künstliches Drama hat. Stattdessen gibt es hier eine EP, die sich anfühlt wie ein ehrliches Gespräch spätabends auf dem Sofa, wenn man merkt, dass Erwachsenwerden irgendwie komplizierter ist, als es einem früher verkauft wurde.
Musikalisch bewegt sich ‘The Product Of Growing Up’ in einem angenehm entschleunigten Kosmos aus Indie-Pop, Singer-Songwriter und folkigen Akustik-Momenten, ohne jemals in Lagerfeuer-Kitsch oder Wohlfühl-Beliebigkeit abzurutschen. Das ist Musik, die bewusst Luft lässt. Viel Luft. Und genau das gefällt mir ausgesprochen gut. Akustische Gitarren stehen klar im Vordergrund, flankiert von zurückhaltenden Piano-Flächen und dezenten elektronischen Akzenten, die eher Atmosphäre erzeugen als sich aufzudrängen. Alles wirkt durchdacht, aber nie überproduziert – als hätte ‘Fen.’ sehr genau gewusst, wann man besser nichts mehr hinzufügt. Ein Talent, das man heutzutage nicht hoch genug schätzen kann.
Besonders stark ist die EP dort, wo sie sich traut, leise zu sein. Die Arrangements drängen sich nicht in den Vordergrund, sondern lassen Raum für Texte und Stimmung. Und genau hier kommt die Stimme ins Spiel: unaufgeregt, leicht brüchig, nahbar. Keine große Show, kein Pathos – eher dieses Gefühl von „Ich erzähle dir das jetzt einfach so, wie es ist“. Das wirkt ehrlich. Und ehrlich gewinnt bekanntlich fast immer. Was mir persönlich gefällt: ‘The Product Of Growing Up’ versucht gar nicht erst, Hits am Fließband zu produzieren. Die Musik entfaltet sich langsam, manchmal fast schüchtern, belohnt dafür aber Geduld und Aufmerksamkeit. Das ist keine EP für nebenbei, sondern eine, bei der man automatisch ein bisschen leiser wird, sobald sie läuft.
‘The Product Of Growing Up’ ist eine EP für Menschen, die mit Musik gern in sich hinein hören, statt sich permanent beschallen zu lassen. Ideal für Fans von introspektivem Indie-Pop, reduziertem Singer-Songwriter-Sound und ehrlichen Gefühlen ohne großes Drama. Wer sich gerne Zeit nimmt, wird hier reich belohnt. Weniger geeignet ist das Ganze für Hörer:innen, die auf sofortige Hooks, große Refrains oder stadiontaugliche Emotionen warten. Das hier ist keine Musik für die schnelle Dopamin-Dosis, sondern eher für den Moment, wenn man merkt, dass Erwachsenwerden kein Ziel, sondern ein ziemlich langer Prozess ist.
Mein persönliches Fazit: Gut, dass diese Promo nicht bis ins nächste Jahr liegen geblieben ist. ‘Fen.’ liefert mit ‘The Product Of Growing Up’ ein stilles, aber nachhaltiges Release ab – eines, das nicht laut schreit, sondern leise nachwirkt. Und manchmal ist genau das am Jahresende genau die richtige Musik.
Fen. - The Product Of Growing Up
First Aid 4 Souls Feat. Divas Of The Dark - Progenitrix
Weihnachten ist also vorbei, es ist wieder Montag, der Baum nadelt so vor sich hin und irgendwo zwischen Plätzchenrest, Kalenderleere und latentem Silvesterstress stehen plötzlich zwei Tage Normalität vor der Tür. Ächz! Diese komische Zeit zwischen den Jahren, in der man eigentlich nichts mehr anfangen will, aber auch noch nicht ganz im neuen Jahr angekommen ist. Genau in diesen Schwebezustand platzte bei mir ‘First Aid 4 Souls Feat. Divas Of The Dark – Progenitrix’, veröffentlicht am 12. Dezember 2025 – und traf erstaunlich ins Schwarze. Zu dunkel für Restweihnacht, zu intensiv für Nebenbei-H...
Von Bloodline bis 2026: Warum „Love Kills!“ noch immer funktioniert
Schon wieder eine 25th Anniversary Edition. Man könnte jetzt routiniert abwinken, kurz an die eigene Plattensammlung denken und sich fragen, wann eigentlich alles gleichzeitig alt und wieder neu geworden ist. Doch bei „Love Kills!“ von ‘In Strict Confidence’ fühlt sich dieses Jubiläum erstaunlich berechtigt an. Am 09. Januar 2026 erscheint die „Love Kills! / 25th Anniversary Edition – und diesmal gibt es gleich mehrere gute Gründe, sich wieder intensiver mit diesem Album zu beschäftigen.Ein kurzer Schritt zurück ins Jahr 2000: Am 02. Februar wurde „Love Kills!“ beim Label Bloodline veröffentli...