Der Herr der Ringe, die siebenhundertneunzigste. Aber in sehr gut.

Saverio Giove bleibt auch auf Album Nummer drei seiner Sache treu. Seiner? Naja, nicht ganz, denn weiterhin ist er flammender Verehrer der Österreicher Summoning und bietet opulente Keyboardwände (die man heute dem Dungeon Synth zuordnen würde), episches Konservendrumming, Black Metal Riffs, die nie im Vordergrund stehen und feinstes Fauchen. Dazu noch eine Prise Chöre und dezent eingesetzte weibliche Vocals und schon befinden wir uns im Jahre 1997. Damals veröffentlichten Summoning ihre drittes Album 'Dol Guldur', mit dem Vorgänger hatte man den Sound quasi erfunden und hier deutlich verfeinert. Man klang noch etwas schwammig, unterproduziert, aber deswegen auch etwas märchenhafter, traumgleicher als auf späteren Werken. Genau dieser Sound, genau diese Phase hat bis heute zahlreiche Fans und die sollten Emyn Muil hoffentlich kennen. Also lasst uns erneut aufbrechen nach Mittelerde.

Ich höre Summoning mit Inbrunst seit den 90ern, ich LIEBE den Sound und es ist und bleibt die Band, die ich in der ganzen Masse meiner Sammlung als die "Lieblingsband" ausmache. Und natürlich schaue ich gerne nach recht und links in der Hoffnung, Kicks zu erfahren, die mich ähnlich glücklich machen. Diese perfekte und anders als bei vielen Atmospheric Black Metal Band klar greifbare Mischung aus Black Metal Rudimenten und einem epischen Fantasysoundtrack übt auf mich einen ganz besonderen zauber aus. Nennen wir es Kopien oder haben Summoning ein eigenes SubSub(Sub?)Genre erschaffen und andere Bands ordnen sich eben auch diesem Genre zu? Ist eigentlich egal, Hauptsache, die bekannten Stilmittel werden nicht nur rezitiert, sondern mit einer Seele versehen. Das gelingt in meinen Ohren unglaublich wenigen: Mir kommen Valar, Stronghold Guardian (geiles Dungeon Synth Projekt ganz ohne Gitarren) und eben Emyn Muil als einzige wirklich in den Sinn, während Bands wie Caladan Brood, Rivendell oder aktuell Forlorn Citadel soundtechnisch alles richtig machen, aber weniger nachhaltig im Schädel verbleibende Melodien erschaffen. Emyn Muil brachten 2013 ein erstaunliches Debüt heraus und legten 2017 eine deutliche Schippe oben drauf: "Elenion Ancalima" ist großartig. Ich weiß nicht, was mich ritt, keine Kritik zum Zweitwerk zu schreiben, aber das Album ist ganz großes Tennis und übertraf in meinen Ohren sogar die letzten beiden Alben der Urväter dieser Spielart. "Afar Angathfark" setzt nicht nur die Tradition leicht von der Zunge gehender Albentitel fort, sondern auch die Tradition, schöne, an Jugendstil und an das uralt Spiel Dragon's Lair erinnernde Cover zu gestalten. Im Sound tauchen neue Elemente auf: verhallte Stimmen, düsteres Erzählen und besagte weiblichen Vocals, die aber weniger als klarer Gesang sondern verhallt im Hintergrund als Melodieelemente in den sowieso schon märchengleichen Sound einfließen. Emyn Muil gelingt es auf Albumlänge, starkes, homogenes Material, schönes Melodien und mit "Heading eastward", "Where the light drowns" und "Black shining crown" so richtig geniale Lieder in der Mitte des Albums zu platzieren. Und mit "In cold domain" drückt dann auch noch eine treibende, fast schon flotte und mitreißende Nummer die Dramatik ein Stück mehr nach oben.Ich wüsste nicht, ob ich den Vorgänger oder vorliegendes Werk bevorzuge, beide sind gleichermaßen ein Segen für mich.

Sicherlich spricht "Afar Angathfark" nur diejenigen an, die sich sowieso in diesem Klangkosmos am äußeren Rand des Black Metals wohl fühlen. Diejenigen sollten aber auf jeden Fall reinhorchen, denn dem Italiener ist erneut gelungen, seinen in meinen Ohren sicheren zweiten Platz zu zementieren und für mich persönlich ist das Album eines der Highlights 2020.

 

Emyn Muil

Afar Angathfark

 

23.10.2020

Napalm Records

 

https://emynmuil.bandcamp.com/album/afar-angathfark

 

01. Afar Angathfark
02. Halls of the fallen
03. Noldomírë
04. Heading eastward
05. Udûn
06. Where the light drowns
07. Black shining crown
08. In cold domain