Editors - In This Light And On This Evening

Ein Album das erste Mal zu hören und mit positiver Überraschung über das Erlebte zurück gelassen zu werden, das sind die großen Momente für die der wahre Musikliebhaber lebt und täglich aufs Neue in der Flut der akustischen Belanglosigkeit wühlt. Solche Situationen sind eher selten, die Editors jedoch schaffen mit ‚In This Light And On This Evening’ kurz vor dem ausklingenden Jahrzehnt genau das! Und da ich 1995 eine sehr ähnliche Erfahrung mit dem Pumpkins Album ‚Mellon Collie And The Infinite Sadness’ hatte, bestätigt sich meine beim Medienkonverter bereits öfters mit Konsequenz vertretene Meinung, dass der Produzent ein maßgebliches Kriterium für das Gelingen eines Albums ist. In beiden Fällen nämlich ist es der gleiche Ausgestalter, der den Alben das notwendige Stück Elektronik einhaucht und damit Präsenz und Rememberance schafft: Mark Ellis, besser bekannt unter seinem Pseudonym ‚Flood’. Bereits nach den ersten fünf Sekunden weiß man, worauf man sich einlässt: ein einsamer, düsterer Synthesizer führt ohne Drums zum ersten Gesangseinsatz von Tom Smith, der sich beim Titeltrack des Albums auf mehr wie David Bowie als wie Ian Curtis anhört und mit einer gesetzten, tiefen Stimme aufwartet, die man so nie von ihm erwartet hätte. Voller Dramatik mit tiefen Flächen ergänzt wabert der Song fast drei Minuten ohne Gitarren und Beats in eine wohldefinierte Richtung und landet damit fast in Goth-Gefilden, die beeindruckend bedrückend gefangen nehmen. Schnell singt Smith dann bei ‚Bricks and Mortar’ wieder in der bekannten Stimmlage und man erkennt die Editors der ersten beiden Alben, die 2009 jedoch durchgängig den New-Wave-Retro-Hut aufziehen und sich somit ihren mit ‚The Back Room’ gelegten Wurzeln entsinnen und konzeptionell sogar darüber hinaus gehen. Zu ‚Papillon’ muss man nicht mehr viel sagen, daran kommen dieses Jahr wohl nur wenige vorbei. Kraft durch Elektronik und gute Achtziger-Referenzen. Fünf Minuten ohne Längen, die sich immer und immer wieder hören lassen ohne abzustumpfen oder gar langweilig zu werden. Fast finden sich Parallelen zu Radiohead, die nach ihrem straighten Rock-Pop-Ansatz auf die elektronisch dominierte Spielwiese wechselten ohne ihre charakteristischen Züge auf der Reise dorthin im Niemandsland zurücklassen zu müssen. Ein weiterer Hit, der diesen Weg unterstreicht ist ‚Eat Raw Meat = Blood Drool’, ein Song der von der Instrumentierung auch von The Knife hätte angelegt werden können, dann aber durch die britische Melodie sofort wieder den Herren aus Birmingham zugeordnet werden kann. Die Gitarren spielen plötzlich nur noch eine sehr untergeordnete Rolle und die platinengenerierten Sounds gehen dominant in den Lead. ‚You don’t know Love’ hätte auch auf dem letzten Album sein können, dann hätte es aber ganz anders geklungen, denn im Gegensatz zu diesem ist bei den neuen alten Editors weniger bedeutend mehr. ‚The Boxer’ folgt als klarer Popsong, der melancholisch und zugleich locker kurz Zeit zum geregelten Durchatmen bietet, bevor ‚Like Treasure’ den Weg zurück in musikalisch, trist-sphärische Herbstwälder weist, in denen man seinen Atem mit jedem Ausatmen in immer neuen Formen vor sich schweben sieht. ‚Endlich machen die Editors richtige Musik’, hörte ich als Zitat von einer lieben Freundin. Dazu muss ich kontern: richtige Musik haben die Editors schon immer gemacht, allerdings haben sie anscheinend genau jetzt den Weg gefunden, diese in den richtigen Kontext zu stellen und damit beeindruckend zu präsentieren und zu überzeugen. ‚In This Light And On This Evening’ ist der Befreiungsschlag einer Band, die bei ‚An End Has a Start’ mit dem Mainstream geliebäugelt hat, jetzt aber beweist, dass man sich auf das Essenzielle zurück besinnt und damit die richtige Entscheidung getroffen hat, um als Belohnung die Musiklandschaft 2009 um ein wesentliches Werk zu bereichern. Das Album wird auch in einer Limited Edition mit weiteren fünf Songs erscheinen, die allerdings zur Rezension leider noch nicht vorlagen.

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