Lektionen in Belanglosigkeit. Fangen wir mit der Konstante in der Entwicklung der Editors an: Die aus Birmingham stammenden Herren haben seit ihrer Bandgründung 2002 mit jedem der sieben Alben ihren Sound verändert und so Fans immer neu herausgefordert, im positiven wie im negativem. Und ich halte diese Leistung für beachtlich und zum Teil auch mutig, denn jeder Stilwechsel kann zur Folge haben, dass ein Fan abspringt, weil er so gar nichts mit der aktuellen Version der Editors anfangen kann. Und vielleicht ist das in diesem Jahr mit mir und der Band geschehen. Vielleicht ist das Album aber auch einfach nur unglaublich flach. In Kaskaden entfernten sich die Engländer immer mehr vom rockigen Sound der Anfangstage, wurden elektronischer, dann ruhiger und aktuell, mit dem Einstieg von Benjamin John Power fast gänzlich poppig-tanzbar. Power hatte bereits am 2018er ‚Violence‘ mitgewirkt, ein Album, bei dem es mir schon viel schwerer fiel, am Ball zu bleiben. Aber im Vergleich mit ‚EBM‘ war ‚Violence‘ spannende und ergreifende Kunst. Von der ersten Minute an ist ‚EBM‘ „halt so Musik“, Musik also, bei der ich mich zwingen muss, bewusst zuzuhören. Denn innerhalb von Sekunden driften meine Gedanken weg, möchten irgendetwas zu tun haben.
Alles ist tanzbar, alles ist glatt. Die Refrains radiotauglich, die Beats nicht zu aggressiv, die Texte ein Hauch von Nichts. Und nicht, dass ich gebraucht hätte, aber von EBM, zumindest von dem, was ich mir unter dem Begriff vorstelle, ist in meinen Ohren ein Hauch von nichts zu hören, wenn man einmal davon absieht, dass weite Teile des relevanten Sounds aus der Konserve kommen und alles monoton vorsichhinblubbert. Denn die Gitarren begehen weitestgehend nur Beihilfe zum Sound, sieht man von so halb-netten Plätscherrocksongs wie dem unten verlinkten "Karma climb" ab (das ich noch für den stärksten Song des Albums halte... Und dann gibt es da noch eine weitere Veränderung, die mich wirklich trifft: Tom Smith hat auch an seinem Gesangsstil ein wenig gearbeitet. Diese eine Konstante, die mir in der Retrospektive wohl wichtig war, ist nun auch nicht mehr sicher. So hatte ich beim Erstkontakt mit „Heart attack“ zunächst den Verdacht, dass der Sänger gewechselt wurde und „der Neue“ versucht, eher Peter Gabriel nachzueifern. Jedoch versichern mir Booklet und Internet, dass Smith weiterhin für den Gesang verantwortlich ist und ja, man hört es schon raus... aber.... aber.
Ich kann von nicht viel sprechen außer von meiner Enttäuschung. Kein Lied sticht heraus, nichts lässt aufhorchen und ich nehme mir dir Freiheit, zu behaupten, dass es nicht nur daran liegt, dass ich diesen glattgebügelten Sound nicht gebraucht hätte. Denn selbst beim Stadiumpop für große Hallen und kleine Nachhaltigkeit in den Gehörgängen kann man mehr als das hier. Nein, das ist das Editors Album, bei dem ich den Kauf bereue und mögliche Tourdaten ignorieren werde.
Editors - EBM PIAS/Rough trade / 23.09.2022
https://www.editors-official.com/
01. Heart attack
02. Picturesque
03. Karma climb
04. Kiss
05. Silence
06. Strawberry lemonade
07. Vibe
08. Educate
09. Strange intimacy