Das Soloprojekt "Edge Of Dawn" wurde schon 1998 von Mario Schumacher ins Leben gerufen, jedoch hat man zumindest bis jetzt nicht allzu viel von ihm gehört, was wohl daran liegt, dass sich der Informatiker erst das nötige Know-how in Sachen Komposition und Sounddesign aneignen musste. Nun, bei der Präsentation seines Erstlingswerkes in Form einer EP bleibt er nicht allein, sondern hat sich im Frühjahr 2005 mit Frank M. Spinath, dem Stimmgeber von Seabound, gesangliche Unterstützung geholt. Für Frank ist dies keine neue Rolle, hat er doch schon als Gastsänger bei den aktuellen Veröffentlichungen von "Stromkern" und "The Azoic" mitgewirkt.

Aus musikalischer Sicht ist es nun auch nahe liegend, dass es sehr wohl klangliche Parallelen zu Seabound gibt, was ja auch dem Einen oder Anderen ein Lächeln aufs Gesicht zaubern dürfte. Die Scheibe mit 9 Tracks wird seit 18.11.2005 hierzulande unter dem Label Dependent und in Übersee unter dem Label METROPOLIS veröffentlicht. "Losing ground is what it takes – if you really want to fly." Wer wünscht sich das nicht auch, den Boden unter den Füßen zu verlieren, um dann einfach fliegen zu können?!. Melodisch leicht auf Synthie-Vibes wird mir dieses Szenario zumindest musikalisch fesselnd, näher gebracht. Gleich im darauf folgenden "The Flight [Lux]" wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der seine Frau und zwei Kinder bei einem durch einen Fluglotsen verursachten Flugzeugabsturz verliert.

Die beiden ersten Tracks präsentieren sich nicht nur inhaltlich in purer Gegensätzlichkeit, da sich auch Tempo, Klangfarbe und die Atmosphäre insgesamt voneinander abheben und damit unterschiedliche Spannungen beim Hörer hervorrufen. Abwechslungsreich stehen sich auch das relaxte "Elegance" und das schnelle, beat-lastige "Find a way out" gegenüber. Alle Stücke wirken nicht zu komplex und zu verbaut. Die Texte werden inhaltlich klar, verständlich und gesangstechnisch exzellent zum Empfänger transportiert. Melodien fließen leichtgängig und sanft in die Ohrmuschel, poppige Sounds sorgen hier und da in verschiedenen Ausmalungen für einen bleibenden Effekt im Kopf. Für die Remixe konnten Nils Schulte, Lukas Schneider von Autoaggression und Andrew Sega von Iris gewonnen werden. Zweifellos stellen sie das dar, was man sich unter einem Remix vorstellt. Sie zwängen sich nicht als nervender Ballast der EP auf, nein sie wirken abwechslungsreich und völlig andersartig gegenüber den Originalversionen ohne sie zu verstümmeln oder zu entstellen.

Als Bonus finden Käufer im Booklet der "The Flight"-EP einen Zugangscode, mit dem sie zusätzliches, unveröffentlichtes Edge Of Dawn-Material herunterladen können. Unentschlossene können sich neben einigen Previews noch den Hit "Elegance" in voller Länge kostenlos von der Homepage www.edgeofdawn.de als MP3 downloaden. "The Flight" hebt definitiv ab ohne ein extremer Überflieger zu werden. Dafür fehlen noch ein paar markante, herausstechende Artefakte, mitreißende Vibes und ein bisschen Experimentierfreudigkeit. Seabound-Fans werden sowieso ihre Freude an dieser Scheibe haben, da durch Frank’s Stimme auch eine Menge "Seabound" in diesem Paket steckt und sich so die Wartezeit auf ein neues Studio-Album verkürzen lässt. Aber auch Synthie- und Futurepop-begeisterte Anhänger dürfen sich dieses Werk bedenkenlos näher anhören.

Offen bleibt die Frage ob sich Herr Spinath nun wieder ins Seabound-Studio begibt oder vorerst weiter in Kooperation mit Mario Schumacher arbeitet, da für 2006 das erste Album der Formation "Edge of Dawn" geplant ist.